(ots) - Landwirtschaft ohne Pflanzenschutz und 
Mineraldüngung und die zunehmende Umstellung auf erneuerbare Energien
("Energiewende") in Deutschland stellen einen erheblichen 
gesellschaftlichen Zielkonflikt dar. Allein die zusätzlich 
bereitgestellte Energie aus modernem Ackerbau entspricht dem 
Energiegehalt von über 13,5 Millionen Tonnen Steinkohle - das ist 
mehr als die jährliche inländische Steinkohleförderung und entspricht
rund einem Drittel der aktuellen Steinkohleimporte nach Deutschland.
   Die enormen Herausforderungen bei einer gleichzeitigen Energie- 
und Agrarwende werden öffentlich aber nur unzureichend diskutiert. Zu
diesem Fazit kommen die Agrarwissenschaftler Dr. Steffen Noleppa und 
Professor Harald von Witzke in der jetzt vorgelegten Studie 
"Energieeffizienz durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in 
Deutschland".
   In ihrer Arbeit haben die Autoren anhand von zwei Modellrechnungen
beschrieben, was zum einen ein Verzicht auf Pilzbekämpfungsmittel 
(Fungizide) und zum anderen eine vollständige Umstellung auf 
Ökolandbau in Deutschland für die Energiebereitstellung in Form von 
Agrarrohstoffen bedeutet. Im Einzelnen zeigen die Berechnungen, dass 
ein Verzicht auf Pflanzenschutzmittel zwar Einsparungen beim 
Energieeinsatz je Flächeneinheit bewirkt, konkret also, dass zum 
Beispiel im Ökolandbau weniger Energie auf vergleichbarer Ackerfläche
verbraucht wird. Dieser Vorteil wird jedoch durch den deutlich 
höheren Energiegewinn konventioneller Anbauformen mehr als 
wettgemacht.
   "Die Energieproduktivität der deutschen Landwirtschaft ist sehr 
hoch, das gilt für konventionellen wie ökologischen Anbau 
gleichermaßen", erklärt Steffen Noleppa. "Um jedoch die energetisch 
nutzbaren Beiträge der Bewirtschaftungsformen zu erfassen, muss man 
vor allem auf den Energiegewinn schauen, also fragen, wie viel 
Energie stellt die Landwirtschaft der Gesellschaft mehr zur 
Verfügung, als sie selbst verbraucht."
   Wenn der Ackerbau in Deutschland ganz auf ökologischen Landbau 
umgestellt würde, wäre der Verlust an Energieproduktion erheblich. 
Die Wissenschaftler haben den Energiegehalt der Biomasse, die durch 
Pflanzenschutzeinsatz zusätzlich in den wichtigen Getreidekulturen, 
Raps, Kartoffeln und Zuckerrüben geerntet werden kann, mit 400 
Millionen Giga-Joule berechnet. Diese Agrarrohstoffe werden natürlich
nicht nur zur Bioenergiegewinnung genutzt, sondern vor allem als 
Nahrungs- und Futtermittel.
   Zur Einordnung geben die Autoren in der Studie einige Vergleiche 
mit anderen, geläufigeren Energieeinheiten an. 400 Millionen 
Giga-Joule entsprechen dem Energiegehalt von 13,5 Millionen Tonnen 
Steinkohle und damit mehr als der jährlichen Fördermenge in 
Deutschland oder 9,5 Millionen Tonnen Öleinheiten und damit 10 
Prozent unseres aktuellen Rohölbedarfs. Oder: Die durch modernen 
chemischen Pflanzenschutz zur Verfügung gestellte Energiemenge 
übertrifft mit umgerechnet 110 Millionen MWh der Stromproduktion, die
alle verbliebenen Kernkraftwerke Deutschlands im vergangenen Jahr ins
Netz eingespeist haben. Die Autoren weisen darauf hin, dass diese 
"numerischen Vergleiche nicht überinterpretiert werden sollten", sie 
aber einen wenig beachteten Zielkonflikt zwischen Energie- und 
Agrarwende aufzeigen.
   "Pflanzenschutz ist ein Energiesparer. Der bewusste Verzicht auf 
eine moderne, produktive Landwirtschaft bedeutet immer auch einen 
Verzicht auf zusätzliche Energie. Eine solche Agrarwende wäre nicht 
kompatibel mit der schon begonnenen Energiewende und könnte diese im 
schlechtesten Fall ausbremsen. Die Studie der Berliner 
Wissenschaftler zeigt das anschaulich", kommentiert Volker 
Koch-Achelpöhler, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands Agrar e.
V. (IVA).
   Die Studie ist der abschließende Teil eines langfristigen 
Forschungsprojekts der Humboldt-Universität zu Berlin in 
Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen agripol, das der IVA 
gefördert hat. Ziel des Forschungsvorhabens war es, mit öffentlich 
verfügbaren Daten und transparenten wissenschaftlichen Methoden den 
gesamtgesellschaftlichen Nutzen des Pflanzenschutzeinsatzes in der 
deutschen Landwirtschaft zu beschreiben. In den vorausgegangenen 
Modulen hatten die Forscher die Markt- und Einkommenseffekte sowie 
Klimaleistungen moderner Landwirtschaft mit sachgerechtem chemischem 
Pflanzenschutz berechnet.
   Die Studie steht kostenlos zum Download auf den Internet-Seiten 
des Lehrstuhls für Internationalen Agrarhandel und Entwicklung der 
Humboldt-Universität und des IVA zur Verfügung: 
http://www.agrar.hu-berlin.de/fakultaet/departments/daoe/ihe/Veroeff 
oder http://www.iva.de
   Der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) vertritt die Interessen der
agrochemischen Industrie in Deutschland. Zu den Geschäftsfeldern der 
53 Mitgliedsunternehmen gehören Pflanzenschutz, Pflanzenernährung, 
Schädlingsbekämpfung und Biotechnologie. Die vom IVA vertretene 
Branche steht für innovative Produkte für eine moderne und 
nachhaltige Landwirtschaft.
Pressekontakt:
Industrieverband Agrar e. V., Pressestelle
Martin May
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