(ots) - Es braucht kein Einser-Abitur, um sich auszurechnen,
dass beste Schulnoten allein noch keinen guten Arzt ausmachen. Wer 
diese Arbeit ein Berufsleben lang hervorragend machen will, der muss 
mehr draufhaben als Exponentialfunktionen, Molekularbiologie und 
Gedichtanalysen. Ein guter Arzt darf nicht nur das Wissen und die 
Wissenschaft mögen, sondern er muss vor allem die Menschen lieben. 
Seine Patienten, seine Mitarbeiter und Kollegen im Team. Das sind 
eigentlich Binsenweisheiten. Dennoch war in den vergangenen 
Jahrzehnten bei der Vergabe der Studienplätze vor allem der 
Notendurchschnitt ausschlaggebend. Mit der Folge, dass am Ende 
mancher der Einserkandidaten niemals in einer Praxis, schon gar nicht
auf dem Land, ankam. Und dass andere, die diesen Job trotzt 
schlechterer Zensuren mit Bravour und Begeisterung zum Wohle der 
Patienten getan hätten, keinen Studienplatz bekamen. Der Numerus 
clausus als einziges Kriterium ist eine der Ursachen für den 
Ärztemangel. Insofern bleibt zu hoffen, dass Verfassungsrichter nun 
dem NC für Medizin ein Mangelhaft attestieren. Es braucht noch andere
Auswahlmerkmale. Ein Allheilmittel gegen den Ärztemangel wird aber 
auch das nicht sein. Wenn immer mehr Ärzte Beruf und Familie 
vereinbaren wollen, statt 72-Stunden-Dienste zu schieben, müssen mehr
Mediziner ausgebildet, also mehr Studienplätze geschaffen werden. Und
wenn diejenigen, die höchstmotiviert für Menschen da sein möchten, im
Alltag ihre Arbeitszeit mit immer mehr Bürokratie verbringen, ist die
Gefahr groß, dass gerade sie am Ende frustriert aus dem Beruf 
aussteigen. Um sich das auszurechnen, braucht man ebenfalls kein 
Einser-Abitur.
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