(ots) - von Stefan Stark, MZ
Was haben diese Männer gemeinsam? Christian Wulff, Uli Hoeneß,
Franz-Peter Tebartz-van Elst: Sie sind gefallene Idole, die entweder
Kraft ihres Amtes Vorbilder waren, oder weil sie sich - wie Hoeneß
und zum Teil auch Wulff - selbst zu moralischen Instanzen
stilisierten. Die drei sind - unabhängig davon, was die Justiz
entscheiden wird - an ihren eigenen moralischen Ansprüchen
gescheitert. Dabei dreht es sich nicht um Petitessen, wie manche
Leute glauben machen wollen. Bei Hoeneß geht es um
Steuerhinterziehung in Millionenhöhe und die eigene Glaubwürdigkeit.
Bei Tebartz um den Vorwurf der Prunksucht und der eidesstattlichen
Falschaussage. Bei Wulff - zumindest vordergründig - um 719 Euro und
40 Cent. Vor allem aber steht beim früheren Bundespräsidenten die
Frage im Mittelpunkt, ob Käuflichkeit jetzt sogar ins Schloss
Bellevue Einzug gehalten hat. So grundverschieden die drei Fälle
liegen, auch hier gibt es etwas Verbindendes zwischen dem Sportler,
dem Kirchenmann und dem Politiker: Alle drei sehen sie sich als Opfer
von Hetzkampagnen und medialen Vorverurteilungen. Anstatt die Fehler
bei sich zu suchen, zeigen sie auf andere. Von Unrechtsbewusstsein
keine Spur. Eine Rolle dabei spielt auch, wie sich die Vertrauten
verhalten. Während die Bosse des FC Bayern wie die Moschusochsen
einen schützenden Kreis um Hoeneß bilden, ist es um Tebartz und Wulff
einsam geworden. Beim früheren Bundespräsidenten wog der verlorene
Rückhalt in der eigenen Partei besonders schwer. Denn ein Politiker,
der die Unterstützung der eigenen Leute hat, hält
Rücktrittsforderungen der Medien aus. Dass Wulff diese Rückendeckung
nicht hatte, muss er sich selbst zuschreiben. Nur dann, wenn es nicht
mehr anders ging, rückte er scheibchenweise mit Halbwahrheiten
heraus. Gleichzeitig versuchte er in der Manier eines Politikers, der
sich für allmächtig hält, Einfluss auf die Berichterstattung der
Medien zu nehmen. Doch mit seinem peinlichen Anruf beim
"Bild-"Chefredakteur erreichte die Selbstdemontage nicht nur einen
peinlichen Höhepunkt. Wulff machte damit auch noch das Amt des
Bundespräsidenten zum Ziel von Hohn und Spott: Ein Staatsoberhaupt,
das im Stil eines Provinzbürgermeisters agierte. Er wurde also weder
das Opfer einer sensationsgeilen Presse noch einer übereifrigen
Justiz. Er ist ein Opfer seiner selbst. Die Tragik dabei: Hätte er
von Anfang an die Wahrheit gesagt, wäre aus einer Affäre nie ein
Skandal geworden - Karl-Theodor zu Guttenberg lässt grüßen. Wulff
wäre dann vermutlich noch im Amt. Seit gestern steht Wulff nun vor
Gericht - weil er selbst es so will. Hätte er den Strafbefehl über 20
000 Euro bezahlt, wäre es nicht zum Prozess gekommen, in dem wieder
in den vielen Peinlichkeiten der Vergangenheit herumgerührt wird.
Wulff kämpft für seine juristische Reinwaschung und dafür, dass seine
Ehre zum Teil wieder hergestellt wird. Diese Haltung verdient
Respekt. Dieser Prozess ist außerdem wichtig, um festzustellen, wo
Käuflichkeit in dieser Republik beginnt. Es geht eben nicht um den
angeblich lächerlichen Betrag von 719,90 Euro, für den sich Wulff
nebst Gattin von einem Spezi umsorgen ließ. Auf dem Prüfstand stehen
die strengen Maßstäbe, welche die Politiker für sich selbst - und
auch für die Beamten - aufgestellt haben. Denn wenn es Regeln gibt,
müssen sie auch für einen Bundespräsidenten gelten. Wulff, Tebartz,
Hoeneß: In einem hinkt der Vergleich. Für Spitzenpolitiker und
Bischöfe gelten weit höhere moralische Ansprüche als für Sportler.
Und im Gegensatz zu Wulff und Tebartz kann Hoeneß auf zahllose
Unterstützer zählen, die seine unbestreitbaren Erfolge gerne in die
juristische Waagschale werfen würden. Auf die Republik kommen also
spannende Gerichtsverfahren zu. Und schon jetzt kann man behaupten,
dass die juristischen Auseinandersetzungen und die öffentlichen
Debatten nicht für die Katz sind. Sie haben etwas in Gang gesetzt,
das im günstigsten Fall zu einer Läuterung führen kann. Zumindest
aber dazu, dass andere die Fehltritte nicht wiederholen.
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