(ots) - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Angela
Merkel, die in der DDR aufgewachsene Pfarrerstochter mit
marxistischer Grundausbildung, verfährt offenbar nach dem
Grundprinzip des umstrittenen Sowjet-Revolutionärs Wladimir Iljitsch
Lenin. Die Unterhändler von Union und SPD verhandeln hart, aber mit
nur mäßigen Erfolgen. Vor allem aber verfahren die künftigen
Groß-Koalitionäre nach dem Motto Wünsch-Dir-was. Bereits jetzt
summieren sich die Mehrausgaben, die zu Papier gebracht wurden, auf
eine erkleckliche zweistellige Milliardensumme. Einsparen war
gestern. Wir sind so frei. Um dem Drang zum großen Geldausgeben
wenigstens etwas Einhalt zu gebieten, hat Merkel die
Unions-Unterhändler vergangene Woche zum Rapport einbestellt. Und bei
der morgigen Spitzenrunde von Schwarz und Rot in Berlin soll
gleichfalls versucht werden, Dämme zu errichten - gegen allzu
sorgloses Verpulvern von Steuergeldern. Merkel und die Union stehen
in dieser Frage noch weit mehr in der Pflicht als die SPD. CDU und
CSU haben auf den Marktplätzen der Republik verkündet, die nächste
Regierung komme ohne zusätzliche Steuern aus. Daran müssen sie sich
nun messen lassen. Gleichzeitig standen freilich allerlei Wohltaten
im Unions-Programm, die allein mit über 30 Milliarden Euro zu Buche
schlagen würden. Wenn sie denn kommen. Ob die Union beides kann -
einerseits das Füllhorn aufhalten und andererseits die Bürger nicht
zu schröpfen -, wird für Merkel, Seehofer und Co. eine Frage der
Glaubwürdigkeit. Denn Gabriel und der SPD kommt diese finanzielle
Bredouille gar nicht ungelegen. Sie winken mit dem schlichten
Hinweis, Steuererhöhungen müssten halt sein. Bei all dem
schwarz-roten Geschacher der letzten Wochen - um den Kurs der
künftigen Koalition in Berlin, ums Geldausgeben, um kleine Siege für
die eigene Klientel - gerät völlig aus dem Blick, was von dieser
großen Koalition erwartet wird: Große und nachhaltig tragfähige
Lösungen für die Fragen der Zukunft unseres Landes. Vielleicht sogar
Visionen für ein besseres, gerechteres, sicheres Zusammenleben in
Deutschland, Europa und der Welt. Dass sich die Groß-Koalition
bereits jetzt jedoch aufs Klein-Klein beschränkt, ist ernüchternd. Um
größeren Streit zwischen den Regierungspartnern in spe zu vermeiden,
haben beide die Spendierhosen angezogen. Aber das kann nicht gut
gehen. Wie wenig bei Schwarz-Rot zusammenpasst, sieht man nicht nur
beim zähen Gewürge um Mindestlohn, Pkw-Maut, Doppelpass,
Steuererhöhungen oder Mütterrente, sondern auch bei der urplötzlich
von CSU-Chef Horst Seehofer losgetretenen Debatte ums Kindergeld.
Zwar hatte die Union mehr Geld für Kinder flott in ihr Programm
geschrieben, doch - was schert mich mein Geschreibsel vor der Wahl! -
hat der flotte Seehofer diesen, eigentlich wenig strittigen Punkt
infrage gestellt. Die Begründung für seinen Schwenk ist obendrein
scheinheilig. Alle Wahlversprechen der Union stünden unter
Finanzierungsvorbehalt, meint der Bayer. Mit dem gleichen Argument
müsste die Union allerdings auch Mütterrente oder Betreuungsgeld zur
Disposition stellen. Oder will der CSU-Chef mit seinem Vorstoß etwas
ganz anderes bewirken? Etwa SPD und CDU(!) dazu drängen, auf gar
keinen Fall Abstriche am Betreuungsgeld vornehmen und die Mütterrente
passieren zu lassen? Es geht zu wie auf einem Basar. Es wird
getrickst, gedroht, gefälscht und gefeilscht. Uns alle könnte das
jedoch noch teuer zu stehen kommen.
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