(ots) - Berlin ist die deutsche Hauptstadt und damit Bühne
für Demonstrationen. Logisch, dass sich auch Flüchtlinge lieber am
Brandenburger Tor unter Regenschirme setzen und gegen Residenzpflicht
und Arbeitsverbot hungern als auf dem Marktplatz von Regensburg. Und
dass sie lieber im bunten Kreuzberg auf dem Oranienplatz campieren
als in Bonn-Beuel.
Die Rolle als politische Plattform verschärft in Berlin die
Problematik im Umgang mit den Flüchtlingen. Andere Kommunen müssen
nur die ihnen zugewiesenen Asylbewerber unterbringen. In der
Hauptstadt müssen die Lokalpolitiker zudem noch mit Protestformen
umgehen, deren Adressaten sie nicht sind. Flüchtlingspolitik wird im
Kanzleramt gemacht, nicht im Roten Rathaus. Über das Asylrecht
entscheidet der Bundestag, nicht das Abgeordnetenhaus.
Dass eine Politik verbessert werden muss, die zur Folge hat, dass
Hunderte Frauen, Kinder und Männer im Mittelmeer ertrinken, ist
augenscheinlich. Es kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss
sein, gesunde junge Menschen, die es nach Europa geschafft haben,
jahrelang an einem Ort festzusetzen und zur Untätigkeit zu verdammen.
Asylverfahren müssen schneller werden. Flüchtlinge sollten viel eher
auf eigenen Füßen stehen können. Einwanderung muss generell geregelt
und erleichtert werden.
Absolut nachvollziehbar erscheint vor diesem Hintergrund, dass
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) eben nicht vor den Augen der
Weltöffentlichkeit die Durst-Streikenden vom Pariser Platz räumen
lässt. Berlin, von wo aus einst so viele Menschen Aufnahme in anderen
Staaten gefunden haben, sollte vermeiden, die Staatsmacht auf
friedliche Flüchtlinge loszulassen. Zumal viele dieser Menschen dem
syrischen Bürgerkrieg, afghanischen Taliban oder afrikanischen
Despoten entkommen sind, sodass man ihr Recht auf Asyl nicht von
vorneherein infrage stellen darf.
Der Senat mit Sozialsenator Mario Czaja (CDU) macht einen guten
Job, um für die Flüchtlinge in allen Bezirken Platz zu finden und so
die praktischen Probleme zu lösen. Berlin hat zu Zeiten der
Jugoslawien-Kriege viel mehr Menschen aufgenommen als jetzt. Aber die
Asyl- und Einwanderungspolitik muss die Bundesregierung angehen.
Union und SPD täten gut daran, diese Frage in ihren
Koalitionsverhandlungen ernsthaft zu behandeln.
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