(ots) - Neuanfang und Kontinuität. Dafür steht die gestern
neu gewählte Spitze der Grünen-Fraktion im Bundestag. Der zum linken
Parteiflügel gehörende Anton Hofreiter war gesetzt, seine klare Wahl
galt als unumstritten. Entsprechend das Ergebnis: Er bekam 49 von 63
Stimmen. Überraschender ist da schon die Wahl von Katrin
Göring-Eckardt zur Co-Chefin. Klar hat sich die
Wahlkampf-Spitzenkandidatin mit 40 zu 20 Stimmen gegen Kerstin
Andreae durchgesetzt. Im Falle der beiden Realo-Damen ging es weniger
um die Person, es ging um deren Programm. Paradox: Göring-Eckardt
wurde gewählt, obwohl ihr manche Grüne die schnelle Kandidatur für
die Fraktionsführung übel nahmen. Schließlich hat sie zusammen mit
Jürgen Trittin das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl zu
verantworten. Hinterher hat Göring-Eckardt sich - wenig souverän -
vom eigenen Wahlkampf distanziert. Andreae wäre eine echte
Alternative gewesen, nach der Ära von Renate Künast und Jürgen
Trittin einen kompletten Neustart an der Parteispitze zu wagen. Doch
die 44-Jährige ist vielen Fraktionskollegen zu liberal und
wirtschaftsfreundlich. Die Botschaft der gestrigen Wahl: Die Grünen
bewahren ihr linkes Profil und wollen wieder auf Wechselwähler
schielen. Die neue Spitze setzt auf bewährte Themen: Hofreiter will
die Umweltpolitik wieder zum grünen Markenkern machen. Göring-Eckardt
steht für das soziale Sahnehäubchen, das vor allem der grünen Basis
am Herzen liegt. Ein Wiederaufflammen der früheren, heftigen
Flügelkämpfe ist nach der Wahl dieser Doppelspitze indes nicht zu
erwarten. Insofern diente der gestrige Tag auch ein Stück weit der
inneren Befriedung. Zumal sich die meisten Grünen einig sind, was
jetzt ansteht: weg vom Image der Verbotspartei und sich schnell aus
der Acht-Prozent-Nische befreien. Immerhin ist es keine drei Jahre
her, als voreilige Kommentatoren die Grünen zur neuen Volkspartei
hochstilisierten. Die bittere Realität: Im neuen Bundestag stellen
sie die kleinste Fraktion. Nun müssen also Göring-Eckardt und
Hofreiter den Karren ziehen, wie Trittin gestern anmerkte. Aus dem
Dreck ziehen, möchte man hinzufügen.
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