(ots) - Der frühere Grünen-Spitzenpolitiker Joschka
Fischer sieht in dem jüngsten Bundestagswahlergebnis eine
Zeitenwende, weil koalitionspolitische Tabubrüche dauerhaft vollzogen
worden seien. In einem Video-Interview mit der bei der Mediengruppe
Madsack erscheinenden "Leipziger Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe)
meinte Fischer: "Wenn diese ganzen Übungen mit diesen Sondierungen
jetzt einen Sinn haben, dann ist es, dass die Tabus abgeräumt werden.
2017 wird weder Rot-Rot-Grün noch Schwarz-Grün noch ein Tabuthema
sein." All das werde im Bereich des Machbaren liegen. "Insofern hat
sich dann die Republik ein Stück weit wirklich verändert." Bei den
Grünen gebe es keinen neuen Positionierungsbedarf, wenn sie zu dem
zurückkehrten, was sie erfolgreich gemacht habe. Und das sei die
Ökologie- und Europapartei gewesen. "Die Linksverschiebung war ein
Fehler. Da sind wir am Schwächsten gewesen. Das kann die SPD besser.
Das kann die Linkspartei besser", meinte Fischer.
Wenn die Mehrheiten da seien, würden Grüne und SPD es wieder als
Projekt versuchen, zeigte sich Fischer überzeugt. Er wisse
natürlich, dass das Projekt viel kritisiert worden sei. "Aber
letztendlich sehen wir doch jetzt auch, dass etwas fehlt. Nämlich ein
Projekt, für das man Wähler begeistern kann." Es genüge eben nicht,
nur die Stammwählerschaft anzusprechen "und ansonsten beten wir drei
Jahre schmerzenreiche Rosenkränze und ein Ave Maria in der Hoffnung,
dass die Wechselwähler uns auch nicht vergessen". So werde es nicht
funktionieren. "Die Grünen sind immer dann stark, wenn sie von den
Inhalten aber auch von der machtpolitischen Konstellation her
Wählerinnen und Wähler überzeugen konnten." Sie seien für ein
bestimmtes Projekt auch entstanden. "Für eine Partei, die auf
Veränderung setzt, die auf soziale und ökologische Modernisierung
setzt, halte ich das für essentiell."
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