(ots) - Der frühere Bundesaußenminister und
Spitzenpolitiker der Grünen, Joschka Fischer, hat seiner Partei
dringend geraten, sich auf ihre alten Stärken zu besinnen und den
Fehler mit der Links-Gewichtung zu beenden. In einem Video-Interview
mit der bei der Mediengruppe Madsack erscheinenden "Leipziger
Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe) sagte Fischer, er habe bereits nach
dem Wahlprogrammparteitag der Grünen vor einer Fehlorientierung
gewarnt. "Oh, oh, das wird schief gehen", habe er gewarnt. "Man kann
nicht von den Leuten verlangen, wähl mich und dann wird es bitter für
dich." Das sei etwas zu viel.
Vertreter von Parteien, die verändern wollten, stünden ganz anders
unter Beobachtung von Wählerinnen und Wähler als konservative
Parteien. "Deswegen spielt die Vertrauensfrage eine so große Rolle
für "linke" Parteien." Es sei schwerer, aus einer linken Position
heraus mehrheitsfähig zu werden, als aus einer rechten Position
heraus. "Und da war die Steuerpolitik nicht weit gedacht."
Die Grünen hätten weiterhin ein großes Potenzial, ganz sicher um
die 18 Prozent. Ich glaube, "die müssen nicht gerettet werden. Die
müssen die Fehler, die sie gemacht haben, intern analysieren und
dann die notwendigen Korrekturen vornehmen". Weil man den falschen
Schwerpunkt im Wahlkampf gesetzt habe, sei es nicht gelungen, dieses
Potenzial abzurufen. Die Grünen müssten "bei dem bleiben, wo sie
stark sind" und große Themen wie Energiewende, Netzpolitik und Europa
offensiv vertreten. Damit erreiche man die besonders aufgeschlossene
junge grüne Wählerklientel.
"Der Generationenwechsel hätte Schritt für Schritt stattfinden
sollen", so Fischers Konsequenz aus der jüngsten Wahlschlappe der
Grünen. "Jeder und jede kommt eben an einen Punkt, wo man eigentlich
besser daran tut, sich zurückzuziehen nach einer Wahlniederlage."
Jetzt werde dieser Generationenwechsel "in einem Akt vollzogen, in
einer Situation relativer Schwäche". Das schaffe zusätzliche
Herausforderungen, "aber das ist keine Existenzfrage", zeigte sich
Fischer überzeugt.
Mehrheiten braucht man, wenn man regieren will. Wenn man
opponieren will und keine Angst vor der Fünf-Prozent-Hürde hat, kann
man sich am Rande aufhalten. Mehrheiten würden in einer stabilen
Demokratie in der Mitte geschaffen. "Wenn Mehrheiten am Rande
geschaffen werden, wird es in der Regel gefährlich, wie wir aus der
Geschichte wissen." Soziale Gerechtigkeit sei ein Thema der Grünen
und werde es bleiben. "Aber es kann nicht im Zentrum stehen. Das kann
die Linkspartei besser." Bei den Grünen müssten wieder andere Themen
eine zentrale Rolle spielen, zum Beispiel ökologische Fragen.
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