(ots) - Gratwanderung
Die erste Aufregung nach der Bundestagswahl ist verflogen, nun
beginnt die Rückkehr zur Normalität und nehmen die Dinge ihren Lauf.
Wie nicht anders zu erwarten, steuert die SPD auf
Sondierungsgespräche mit der Union zu. Was soll sie auch anderes tun?
Sich komplett zu verweigern würde bedeuten, dass die
Sozialdemokraten sich jeder Machtoption beraubten. Weitere vier Jahre
in der Opposition? Oder die Erfüllung wenigstens einiger
Wahlversprechen? Vor diese Wahl gestellt, drängt ein großer Teil der
SPD in die Regierung.
Dass die Genossen einen hohen Preis für ihre Unterstützung
verlangen, ist verständlich. Nur so lassen sich die vielen Kritiker
in den eigenen Reihen besänftigen, die befürchten, die Union könne
die SPD ein weiteres Mal an den Rand drängen. Solche Risiken geht
niemand ohne Gegenleistung ein.
Noch ist es freilich ein langer Weg bis zur Bildung einer
Koalition. Es soll nur sondiert, nicht schon verhandelt werden. Zudem
bedeutet der sich abzeichnende Mitgliederentscheid, dass alle
Verabredungen unter Vorbehalt getroffen werden. Für die Vertreter der
SPD kann das durchaus hilfreich sein. Denn die kritische Parteibasis
und ihr mögliches Veto sind ein starkes Druckmittel im Ringen mit der
Union.
Allerdings kann das Prozedere auch im Fiasko enden. Lehnen die
SPD-Mitglieder das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen ab, liegt die
Partei in Trümmern. Die Genossen begeben sich auf eine Gratwanderung
mit extrem erhöhter Absturzgefahr.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207