(ots) - Qual nach der Wahl
Die Katze ist aus dem Sack und Fraktionschef Volker Kauder zu
Recht stinksauer. Führende Unionspolitiker haben angedeutet, dass am
Ende von Koalitionsverhandlungen mit der SPD höhere Steuern stehen
könnten. Völlig ohne Not und obwohl Gespräche mit den Genossen noch
nicht einmal begonnen haben, scheint die Union bereit, zentrale
Positionen zu räumen. Statt selbstbewusst und einig in die
Verhandlungen mit der SPD zu gehen, muss die CDU sich gegen den
Vorwurf wehren, wortbrüchig zu werden. Schlechter kann es kaum
laufen.
Die SPD sieht's mit Staunen, ist aber im Übrigen in einer noch
viel schwierigeren Situation. Soll sie noch einmal in eine Große
Koalition mit der Union gehen oder besser nicht? Dies ist eine Frage,
über die es zur Zerreißprobe kommen kann. Sie ist von solcher
Brisanz, dass sie nicht von einem Delegierten-Konvent oder einem
Parteitag entschieden werden kann. Stattdessen spricht alles dafür,
eine Mitgliederabstimmung einzuleiten. Die SPD sollte mehr Demokratie
wagen, um ein Wort von Willy Brandt aufzugreifen.
Immerhin besteht die Gefahr, dass die Genossen als Juniorpartner
im Bündnis mit der großen Union auf Zwergengröße schrumpfen. Ein
solches Experiment bedarf breiter Legitimation.
Andererseits: Verweigert sich die SPD und kommt es zu Neuwahlen,
könnten CDU und CSU doch noch die absolute Mehrheit bekommen - die
SPD hat die Qual der Wahl.
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