(ots) - Wenn hochrangige Politiker ohne grünes Parteibuch
einen Fehler machen und ihn erst eingestehen, wenn die Öffentlichkeit
bereits davon erfahren hat, dauert es meist nicht lange, bis jemand
mit moralinsaurem Unterton den Rücktritt fordert: Jürgen Trittin. Die
Liste derjenigen, die von ihm - teils zu Recht, teils zu Unrecht -
auf diese Weise gescholten wurden, ist schier endlos. Aber wie so oft
in derlei Fällen, ist der Umgang mit den eigenen Verfehlungen ein
gänzlich anderer. Inzwischen ist der Grünen-Spitzenkandidat selbst
verschuldet ins Zentrum der Pädophiliedebatte geraten. Und dort gibt
er eine klägliche Figur ab. Als Göttinger Stadtratskandidat der
"Alternativen-Grünen-Initiativen-Liste" (AGIL) zeichnete er Anfang
der 80er-Jahre persönlich für ein Wahlprogramm verantwortlich, in dem
sexuelle Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen weitgehend von
strafrechtlichen Konsequenzen befreit werden sollten. Nicht nur für
jemanden mit Trittins moralischer Fallhöhe ist das ein Totalschaden.
Doch statt das einzusehen und der eigenen Partei in der heißen
Wahlkampfphase weitere peinliche Diskussionen zu ersparen, druckst
der sonst so wortgewandte Politiker herum: Er habe sich "diesem
falschen Politikverständnis" nicht genügend entgegengestellt, obwohl
er die Haltung damals "als problematisch" angesehen habe. Falsches
Politikverständnis? Problematisch? Das klingt so, als ginge es um den
Veggie-Day, dabei hat Trittin mit seiner Unterschrift faktisch die
Legalisierung von Sex mit Kindern unterstützt. Als Privatmann mag man
ihm das womöglich noch nachsehen, auch weil die Sache mittlerweile
Jahre zurückliegt. Als einer der führenden Politiker dieses Landes
ist der Grünen-Frontmann hingegen nicht mehr tragbar. Die hehren
Ziele seiner Partei kann er nicht mehr glaubhaft vertreten. Darum
sollte Trittin sich auf die Tugenden besinnen, die er sonst gerne mit
Nachdruck von anderen einfordert. Dann erkennt er vielleicht, dass
der Rücktritt der einzig anständige Ausweg für ihn ist.
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