(ots) - Integration ist (...) auch und vielleicht sogar
maßgeblich eine Frage von Flexibilität, Witz und Gefühl. Bis sie die
Religionsfreiheit berührt, doch auch da dehnen sich die Ränder. Mögen
wenige muslimische Eltern eisern bis vor die Gerichte ziehen, wie
jetzt im hessischen Falle vor dem Verwaltungsgericht geschehen, um zu
verhindern, dass ihre Mädchen in den Turn- oder Schwimmunterricht
gehen oder bei Klassenfahrten im Landschulheim übernachten: Die
Schulen zeigen sich innovativ (man wünschte sich dies generell bei
allen schulischen Belangen!) und bieten Ganzkörperschwimmanzüge an
oder dass Eltern ihre Mädchen abends aus den Landschulheimen abholen
können.
Ist dies falsch verstandene Toleranz? Eher doch Entgegenkommen.
Härte und Prinzipialismus bringen manchmal einfach nicht weiter.
Dafür gibt es (...) die Gerichte, und die entscheiden, wie in diesem
Falle, oft für die Schulpflicht als letzte Referenz statt einer dann
doch allzu separatistischen Freiheit. Schließlich weiß man, dass der
Impuls der Teilhabe von den Kindern selbst ausgeht. Sie wollen
mitmachen. Also wie? Neoprenanzüge oder leichte Ganzkörperbekleidung
zu tragen ist auch gut gegen Chlorallergien, und davon sind viele
Kinder betroffen, also bricht man sich keinen Zacken aus der Krone.
In früheren Jahren schwammen muslimische Mädchen oft in ihren
Kleidern, bis die Wollfussel die Abflüsse zu verstopfen drohten.
Burkinis, wie man ironisch und auch ein wenig verharmlosend sagt,
sind in muslimischen Ländern Mode geworden. Läge Afghanistan am Meer,
die Frauen würden glatt mit der Burka hineinspringen wie die
Palästinenserinnen am Strand von Gaza, die in Ganzkörperbedeckung ins
Wasser gehen, weil sie die Kraft des Wassers spüren und die
Schwerelosigkeit - vorausgesetzt, man kann schwimmen und geht nicht
unter. Erst die Zehen, dann der große Platscher. Warum darüber Worte
verlieren? Weil auch die Europäer zu Beginn der bürgerlichen
Gesellschaft schwimmen lernen mussten. Schwimmen ist eine große
Allegorie auf Freiheit. Heute sollten alle Frei-Schwimmer sein, um im
gemeinsamen Fluss des Lebens nicht unterzugehen.
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