(ots) - Neun Bundesländer verzichten bisher
komplett auf Kontrolle der Verbrauchskennzeichnung von
Energiefressern und erhalten die "Rote Karte" - Rheinland-Pfalz
verhängt als einziges Bundesland Bußgelder
Die Länderbehörden setzen eine seit Mai 2012 geltende
Verpflichtung zur besseren Kontrolle der Verbrauchskennzeichnung von
Pkw, Reifen, Fernsehern und anderen großen Elektrogeräten durch
Hersteller und den Handel gar nicht oder nur mangelhaft um. Das ist
das Ergebnis einer Überprüfung der Marktüberwachungsaktivitäten aller
16 Bundesländer durch die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH).
Einzig Rheinland-Pfalz kontrolliert stichprobenartig die
Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und verhängte 2012 zwei
Bußgelder. Sechs weitere Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern,
Berlin, Bremen, Niedersachsen, Sachsen) haben immerhin mit
stichprobenartigen Marktkontrollen begonnen. Festgestellte Verstöße
führten aber nicht zu Sanktionen. Hierfür erhalten sie die "Gelbe
Karte". Die verbleibenden neun Bundesländer haben nach eigenen
Angaben noch gar nicht mit der stichprobenhaften Marktüberwachung
begonnen. Sie erhalten von der DUH die "Rote Karte".
"Während Autofahrer zu Recht für jede festgestellte
Geschwindigkeitsübertretung oder jedes falsche Parken zur Kasse
gebeten werden, zeigen sich die Bundesländer bei Ordnungswidrigkeiten
von Industrie und Gewerbe von ihrer nachsichtigsten Seite. Das ist
schwer nachzuvollziehen", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
"Selbst nach Hinweisen der DUH auf schwerwiegende Verstöße verweigern
die Behörden in aller Regel die Verhängung von Ordnungsstrafen
gegenüber der Industrie. Sie verstoßen damit gegen EU-Recht." Die DUH
hatte kürzlich den Stuttgarter Autokonzern Daimler ertappt, als er
seine neue S-Klasse mit falschen Angaben zur CO2-Effizienz und zum
Spritverbrauch bewarb. In der DUH sei man nun gespannt, ob die für
die Marktüberwachung zuständigen Behörden wegen dieses
zwischenzeitlich von Daimler eingeräumten und per Gerichtsbeschluss
gestoppten Verstoßes tätig werden.
"Geradezu unterirdisch" nannte Resch die Intensität der
Kontrollaktivitäten vieler Bundesländer im Jahre 2012. Während
Baden-Württemberg mit einer Überprüfung von 180 Betrieben im Bereich
Pkw und 640 Betrieben aus dem Sektor "Weiße Ware" immerhin an der
Spitze der Kontrolltätigkeit stehe, fänden Sanktionen festgestellter
Verstöße auch dort nicht statt. Die meisten Bundesländer ermutigten
mit ihrer Verweigerung wirksamer Kontrollen Betriebe zu
Rechtsverstößen. Mit Rheinland-Pfalz wage es zudem nur ein einziges
Bundesland Bußgeldbescheide zu verhängen - und zwar zwei an der Zahl
im Jahr 2012.
Bei der Kontrolle der Kennzeichnungsvorschriften für Reifen sah es
eher noch schlechter aus: Nur in Niedersachsen wurden 144 Betriebe
kontrolliert, keiner der 21 festgestellten Verstöße führte jedoch zu
einer Sanktion. Neben der Kontrolle der korrekten Kennzeichnung
fordert die EU auch die Überprüfung, ob die dort angegebenen Werte
mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Die an der Ware angebrachten
Kennzeichnungen wurden zudem von keinem Bundesland auf ihre
inhaltliche Richtigkeit überprüft.
Mit einer Marktüberwachung ohne Sanktionsdrohung werde erkennbar
kein Anreiz für Verbesserungen geschaffen. Vielmehr öffne sie einer
bewussten Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie
Wettbewerbsverzerrungen die Tür.
Funktionierende Marküberwachungskonzepte werden für einen
ernstgemeinten Klima- und Verbraucherschutz jedoch nach Überzeugung
der DUH dringend benötigt. Sie seien ein wesentliches Elementar der
europäischen Klima- und Verbraucherschutzpolitik. "Die
Kennzeichnungsvorschriften dienen sowohl dem Klima- als auch dem
Verbraucherschutz. Sie sollen nachhaltige Kaufentscheidungen des
Verbrauchers ´in voller Sachkenntnis´ ermöglichen und ihn auf
Produkte lenken, die bei ihrem Gebrauch am wenigsten Energie und
andere Ressourcen verbrauchen", so Agnes Sauter, die Leiterin
Verbraucherschutz bei der DUH. Die Verbraucher seien die
Leidtragenden einer unzureichenden Kennzeichnung, weil sie ihr
Kaufverhalten nicht am Energieverbrauch und der Klimabilanz der
Produkte ausrichten können.
Die klaffenden Lücken bei der staatlichen Marktüberwachung
verzerren nach Meinung der DUH indirekt auch den Wettbewerb zwischen
Unternehmen. Neuansiedelungen von Unternehmen könnten sich an der
(Nicht-)Wahrnehmung der Kontrollaufgaben orientieren. Dadurch
entstehen Kommunen und Landkreisen Nachteile, die sich um einen
effektiven Klima- und Verbraucherschutz bemühen.
Die Ergebnisse der Umfrage im Einzelnen finden Sie unter:
www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3170
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Mobil: 0171 3649170,
E-Mail: resch(at)duh.de
Agnes Sauter; Leiterin Verbraucherschutz, Tel.: 07732 9995 11,
E-Mail: sauter(at)duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail: rosenkranz(at)duh.de