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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Wahlkampf in Bayern / Politischer Gillamoos in Abensberg / Seehofer

ID: 937151

(ots) - Duell aus Festzeltdistanz

In zwei Wochen entscheidet Bayern über die nächste Regierung - der
Gillamoos gab Entscheidungshilfe

Der Gillamoos ist pulsierende Demokratie. Der politische Montag in
allen Festzelten war wieder unverzichtbarer Höhepunkt, nicht lästiges
Pflichtprogramm. Wo sonst unterwerfen sich hohe Politiker zeitgleich
im 500-Meter-Radius einem Direktvergleich? Und selbst im
politikerfreien Kabarettistenzelt drehte sich alles nur um Politik.
Profis unter den Besuchern gelang der Rundtrip von Zelt zu Zelt in
120 Minuten. Es ist eine Kombination aus echtem politischen Interesse
und Tradition, die den Gillamoos einzigartig macht. Politischer
Aschermittwoch, Derblecken bei der Nockherberg-Starkbierprobe und
Maibockanstich im Münchner Hofbräuhaus sind dagegen nur schöne
Folklore. Das gilt gerade im bayerischen Wahlherbst der großen
Chancen, der zu Hoffnungen beflügelt, doch auch den Keim des
Scheiterns in sich trägt. Dieses Flirrende war beim Gillamoos zu
spüren. Für CSU-Chef Horst Seehofer geht es um die Rückeroberung der
absoluten Mehrheit oder weiteren fünf Jahren in einer Koalition - mit
welchem Partner auch immer. Der "worst case", der Wechsel auf die
Oppositionsbank, hat nur theoretischen Charakter. SPD-Spitzenkandidat
Christian Ude sehnt weiter mit tapferer Kraft den historischen
Wechsel herbei - ein Fehlschlag würde seine Partei in langanhaltende
Depression stürzen. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger kostet den
Status des Umworbenen aus, der ihm viel Platz für Kapriolen lässt.
Die Rechnung wird ihm erst präsentiert werden, wenn er nach dem
Wahltag von niemanden als Koalitionspartner gebraucht werden sollte.
Für die FDP entscheidet die Fünf-Prozent-Hürde über Wohl und Wehe -
jenseits der öffentlichen Bekundungen ist die Nervosität greifbar.
Einzig die Grünen sind auf jeden Fall auf der Gewinnerseite: Sie




steuern in Bayern auf das beste Ergebnis ihrer Parteigeschichte zu.
Ohne Regierungswechsel aber wäre das nicht der volle Triumph. Mag der
Wahlkampf ansonsten dahinplätschern - beim Gillamoos ist duellieren
aus kurzer Festzeltdistanz angesagt: Schwarz-Gelb und Rot-Grün
präsentierten im Kräftemessen unterschiedliche Politikentwürfe und
Gesellschaftskonzepte. Wie und wo wird gespart? Was ist das
Schulmodell der Zukunft? Wie gelingt soziale Gerechtigkeit? Wo endet
Solidarität? Was ist wirtschaftlicher Fortschritt? Was braucht eine
moderne Infrastruktur? Es sind die eigentlichen Fragen, die in den
vergangenen Wochen zu oft in den Hintergrund rückten und von Themen
mit hohem Erregungspotenzial verdrängt wurden: Renate Künasts
Vorschlag eines grünen Veggie-Days - als ob nächste Woche in Bayern
die Leberkässemmel abgeschafft werden sollen. Die
Juso-Postkartenaktion gegen Uli Hoeneß - als ob der Schuss nicht
ohnehin nach hinten losgegangen wäre. Horst Seehofers "Raus aus
Bayern"-Spruch über forsche WDR-Journalisten - als ob gerade am
Weißwurstäquator eine Mauer hochgezogen würde. Um nicht
missverstanden zu werden: Alles lässt sich mit Recht kritisieren,
doch es geht auch mit niedrigerer Drehzahl. Zwei Wochen vor dem
Wahltag in Bayern zielen die Parteien auf die noch Unentschlossenen.
Wechselstimmung ist aber weiter wenig zu spüren. Ude will die
Situation beim Fernsehduell mit Seehofer am Mittwochabend im
Bayerischen Fernsehen zu seinen Gunsten drehen. Es wird interessant,
wie sich die beiden Politikprofis umkreisen. Seehofer bot bisher kaum
Angriffsfläche und nahm den Namen seines Kontrahenten kaum in den
Mund. Am Tag nach dem bayerischen Duell wird wie nach dem
Kräftemessen zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Peer
Steinbrück analysiert und bewertet werden. Entscheidend ist am Ende
hoffentlich nicht die hübscheste Krawatte, die Länge der Redepausen
oder ob verschränkte Arme ein Zeichen für zu große Zugeknöpftheit
sind. Am 15. September geht es darum, wer Bayern am besten in die
Zukunft steuern kann. Wer auf dem Gillamoos gut zuhörte, fand darauf
bereits am Montag seine Antwort.

Von Christine Schröpf, MZ



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Datum: 02.09.2013 - 21:25 Uhr
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