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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Bericht des Expertenbeirats Pflege: "Schluss mit der Minutenpflege"

ID: 899435

(ots) - Wer den am Donnerstag vorgestellten Bericht des
Expertenbeirats Pflege liest, findet Sätze, auf die Betroffene schon
seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 warten. Die Experten
haben die absolut richtige Diagnose gestellt und dem "Patienten
Pflegeversicherung" die passende Therapie verordnet: Der Bericht
stellt klar, dass die heutigen Pflegestufen Menschen mit geistigen
Behinderungen sowie kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen wie
etwa Demente weitgehend ausgrenzt und genau das korrigiert werden
muss. So soll es künftig fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen
sowie ein neues Begutachtungsassessment (NBA) geben. Revolutionär
dabei: Entscheidend ist nicht mehr der Faktor Zeit bei der Einstufung
der Pflegebedürftigkeit. Zudem entfällt die bisherige Beschränkung
auf nur bestimmte, körperbezogene Verrichtungen wie etwa Waschen,
Essensgabe etc. Weil eben genau das heute dazu führt, dass Demente
durchs Raster fallen und in den meisten Fällen keine Leistungen aus
der Pflegeversicherung erhalten. Denn: Demente können sich zwar
häufig selbst anziehen und sind in der Lage, selbst zu essen, müssen
jedoch meist permanent beaufsichtigt und motiviert werden. Genau das
wird bis dato nicht bezahlt. Deshalb soll in Zukunft das "Ausmaß der
Abhängigkeit von Personenhilfe" ein Ausgangspunkt für die Gestaltung
und den Umfang der Pflege-Leistungen sein. Soweit, so gut. Genau das
wusste man auch 2009 schon, als der erste Expertenbeirat seine
Empfehlungen vorlegte. Der aktuelle Pflegebeirat, der mit der
Übergabe des Expertenberichts an Gesundheitsminister Daniel Bahr
(FDP) seine Arbeit am Donnerstag beendete, hatte jedoch die Aufgabe,
Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Und das ist geschehen: Die
Pflege-Experten erstellten einen genauen Zeitplan, eine Roadmap, die
darlegt, wie innerhalb von 18 Monaten der Übergang zum neuen




Pflegebedürftigkeitsbegriff gelingt. Eigentlich hatte Bahr
angekündigt, diesen Übergang schon in dieser Legislatur zu
bewältigen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung war dazu jedoch nicht
in der Lage und hat somit eines ihrer zentralen Vorhaben verfehlt.
Das ist schlimm genug. Klar muss jetzt sein: Die nächste
Bundesregierung hat diese Roadmap unverzüglich umzusetzen. Folgt man
dem Zeitplan des Pflegebeirats, müsste dieser zugegebenermaßen sehr
komplexe, doch nun bestens vorbereitete Auftrag bis zum Frühjahr 2015
erledigt sein. Dass es schon innerhalb des Gremiums zu Streitigkeiten
über das liebe Geld gekommen sein soll, zeigt aber, wo der Knackpunkt
liegt - und das schon seit Jahren. Der neue Pflegebericht gibt einen
Kostenrahmen von zwei Milliarden Euro pro Jahr an. Im Vorfeld wurde
jedoch schon spekuliert, dass die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs
weit mehr, bis zu sechs Milliarden Euro pro Jahr kosten könnte. Jede
Milliarde mehr entspricht 0,1 Beitragssatzpunkten. Dieses Geld müssen
wir, muss die nächste Bundesregierung, bereit sein, aufzubringen.
Alles andere wäre eine Bankrotterklärung der Sozialstaats. Der
Münchner Pflegekritiker Claus Fussek hat Recht, wenn er immer wieder
anmahnt, dass die Pflege Schicksalsfrage der Nation werden müsse.
Denn jeder wird einmal alt - auch, wenn sich kaum jemand gerne damit
beschäftigt. Doch wer sich vor Augen hält, dass jeder Dritte im Alter
zwischen 80 und 90 Jahren an Demenz erkrankt, ahnt, wie stark dieses
Thema auch mit dem eigenen Schicksal verbunden ist. Autorin: Maria
Gruber



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Datum: 27.06.2013 - 16:23 Uhr
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