(ots) - Was Peer Steinbrück von Parteien hält, ist in
jüngerer Zeit in mehreren Biografien recht übereinstimmend
beschrieben worden. Sie sind ihm Mittel zum Zweck. Auch die eigene
Partei. »Die Verteilung von gescheiten Köpfen und Deppen,
Persönlichkeiten und Knallchargen über die Parteien« entspricht nach
seiner Beobachtung der »Normalverteilung der Bevölkerung«. Das gilt
sicher auch für die Verteilung von Selbstdarstellern über die
Parteien. Peer Steinbrück kann allerdings für sich in Anspruch
nehmen, einer der wenigen zu sein, die es bei gleichzeitiger
öffentlich gemachter Verachtung für ihre Partei bis zu deren
Spitzenkandidat gebracht haben. Steinbrück hat die Führung der SPD
auf seiner Seite - obwohl er ein geradezu verächtliches Verhältnis
zum »Funktionärskörper« pflegt, wie die FAZ-Korrespondenten Lohse und
Wehner es bei der Vorstellung ihrer Biografie (Droemer-Verlag)
beschrieben. Doch auch die Parteilinke signalisiert Schulterschluss -
obwohl Steinbrück unter den drei bisherigen Kandidaten den ihr am
deutlichsten abgewandten Kurs vertritt. Steinbrück ist der von den
sozialen Folgen unbeeindruckteste Vertreter der »Reformpolitik« von
Gerhard Schröder. Man kann ihn den ehrlichsten, man kann ihn auch den
skrupellosesten Verteidiger der Agenda-Politik nennen nennen. In
selbstgenügsamer Erwartung begrüßt die SPD-Linke ihn dennoch - er
solle ja nicht ihr Kanzler, sondern Kanzler für Deutschland werden.
Vor einer solchen Interessenvertretung sollte es alle Schwachen
dieser Gesellschaft rechtzeitig zu grausen beginnen. Der größte
gemeinsame Nenner aller parteiinternen Zustimmung in der SPD ist der
erwartete mediale Sog, den Steinbrück ohne Zweifel entfalten wird.
Der Erfolgsdrang hat sich offenbar vom sozialen Selbstverständnis
schon so weit gelöst, dass die auf eine Beteiligung an den Früchten
des Erfolgs spekulierenden Genossen die zurückbleibenden Wähler kaum
noch wahrnehmen. Wir kennen keine Parteien mehr, sondern nur noch
ihren Erfolg? Wenn die aufwändigen Karriererituale dies nicht
verhinderten, gäbe es vermutlich nicht mehr nur den Wechselwähler,
sondern längst massenhaft auch den Wechselpolitiker. Der öffentlich
gemochten, aber inhaltlich verwechselbaren Kanzlerin wird ein
öffentlich wirksamer, aber inhaltlich verwechselbarer Kandidat
entgegengestellt. In Erwartung des wahrscheinlichen Ergebnisses einer
Großen Koalition könnte man sagen: zur Seite gestellt. Die
Linkspartei, die sich über ein solches Angebot zur eigenen
Profilierung freuen dürfte, muss beim zweiten Blick eben diese
Strategie fürchten. Es ist ja die Gefahr nicht von der Hand zu
weisen, dass sie Erfolg hat. Angela Merkel beherrscht die Umfragen
unangefochten, obwohl Mehrheiten der Bevölkerung regelmäßig ihren
politischen Zielen widersprechen. Und selbst wenn der SPD-Weise
Rudolf Dressler recht hätte, dass Steinbrück jetzt in der noch
offenen Wahlprogrammdebatte seiner Partei zerrieben würde, bliebe
doch das jetzige Bekenntnis der SPD zu ihm ungelöscht.
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