(ots) - Es sollte ein großer Schlag gegen die Rockerbanden
in Berlin werden: Hunderte Beamte waren zusammengezogen worden.
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) wollte endlich einen der
gefährlichsten Motorradvereine verbieten. Doch was dann geschah, ist
eine Farce: Statt mit Rammbolzen und Überraschungseffekt kam die
Berliner Polizei angekündigt zur Überbringung der Verbotsverfügung.
Selbst das Vorziehen der Aktion hatte nichts mehr gebracht. Die
kriminellen Rocker waren gewarnt. Und so ähnelte das seit Monaten
vorbereitete Vorgehen der Sicherheitsbehörden einem
Umzugsunternehmen, das vorfährt, höflich anklopft und dann Dinge
einpackt, die noch im Vereinsheim herumstehen. Spiegel mit
Vereinsemblemen, Bürostühle und, ach ja, einige Motorräder. Die
Rocker hatten genug Zeit, belastendes Material wie Waffen oder
illegal erworbenes Geld beiseitezuschaffen. Selbst die Rockerkutten
waren weg. Die Übergabe der Verbotsverordnung glich nur noch einem
Wimpeltausch beim Fußballfreundschaftsspiel. Dabei hat der
Innensenator den richtigen Weg eingeschlagen. Denn die vermeintlichen
Motorradclubs sind nach den Erkenntnissen der Polizei eigentlich nur
der Deckmantel für eine kriminelle Vereinigung. Aus den Vereinsheimen
der Rocker heraus werden Schutzgeld, Prostitution, Glücksspiel,
Drogenhandel und andere Verbrechen organisiert. Das ist kein Berliner
Phänomen. Auch in anderen Groß- und Kleinstädten sind Hells Angels
und Bandidos zu einem Problem geworden. Die Sicherheitsbehörden
schauten offenbar zu lange dem Treiben der Rocker lediglich zu. Zwar
gab es immer wieder Razzien. Doch den Rockern gelang es, ganze
Rotlichtviertel in Städten wie Hannover zu kontrollieren. Dabei
schrecken bestimmte Gruppen auch nicht vor Mord und Totschlag zurück
- wie der Fund einer Folterkammer und der erschossene Bandido in
Bottrop zeigen. In den vergangenen Monaten haben sich die
Innenminister von Bund und Ländern immer wieder mit dem Thema Rocker
beschäftigt. Jetzt endlich gehen sie eine härtere Gangart. Mit
Verbotsverfügungen, Durchsuchungen und Festnahmen versuchen sie in
Kiel, Frankfurt, Köln und Berlin Druck auf die Szene auszuüben.
Vereinsverbote sind da ein Weg, um Geld zu beschlagnahmen und
Strukturen zu zerstören. Ob diese Verbote eine nachhaltige Wirkung
zeigen, ist noch unklar. Polizei und Justiz müssen weiterhin mit
allen Mitteln gegen sich verfestigende Strukturen der organisierten
Kriminalität vorgehen. Entscheidend ist dabei nur eines: Der
Rechtsstaat muss in dieser Angelegenheit der Agierende sein. Wenn
Razzien und Verbot verraten werden, wenn Rocker im weißen T-Shirt wie
mit weißer Weste dasitzen und die Beamten empfangen können, dann ist
die mühevolle Arbeit Hunderter Beamter vergebens. Der Innensenator
und die amtierende Polizeipräsidentin müssen aufklären, wie es dazu
kommen konnte. Denn ansonsten blamiert sich nicht nur die Politik.
Dann nimmt die wehrhafte Demokratie Schaden.
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