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Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 1. Oktober 2011 das Personalgerangel um die Nachfolge von Generalbundesanwältin Monika Harms:

ID: 491496

(ots) - Parteiräson vor Staatsräson

von Joerg Helge Wagner

Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein - wenn man das
biblische Motto anwendet auf das unsägliche Gezerre, das um die
Nachfolge der Generalbundesanwältin stattfindet, müssten sämtliche
Parteien die Arme schuldbewusst unten lassen. Diese
parteiübergreifende Verlogenheit, dieses so offensichtliche Kalkül,
dieses völlige Fehlen der Frage nach dem geeignetsten Kandidaten ist
ein weiterer eindrucksvoller Beitrag dazu, die Politikverdrossenheit
im Lande noch einmal zu verschärfen. Ausgerechnet bei der Besetzung
jenes Spitzenpostens, der für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie
von ganz entscheidender Bedeutung ist, weckt man erhebliche Zweifel,
wie verteidigenswert dieses Parteiensystem denn überhaupt noch ist.
Dabei sind Kompetenzen und Verfahren sehr klar geregelt.
Organisatorisch gehört der Generalbundesanwalt zur
regierungsabhängigen Exekutive und nicht zur unabhängigen
Rechtsprechung. Das Justizministerium schlägt deshalb in Abstimmung
mit dem Bundeskabinett einen Kandidaten vor, der aber vom Bundesrat
bestätigt werden muss. In einem föderalen System macht das Sinn, denn
der Generalbundesanwalt hat zwar kein Weisungsrecht gegenüber den
Staatsanwaltschaften der Länder, er kann aber sehr wohl Verfahren aus
deren Bereich an sich ziehen. Auch das ist sinnvoll, da sich
Terroristen, Extremisten oder Spione in ihrer Tätigkeit gemeinhin
nicht von Landesgrenzen einschränken lassen. Hier aber sind wir beim
springenden Punkt. Der Generalbundesanwalt jagt keine Autodiebe,
Trickbetrüger, Steuerhinterzieher oder gewöhnliche Gewalttäter. Er
jagt die rücksichtslosesten, entschiedensten Gegner unseres
Gemeinwesens - Menschen, die im Zweifelsfall dessen völlige
Vernichtung anstreben. Angesichts dessen sollten die demokratisch




legitimierten Entscheidungsträger den größtmöglihen gemeinsamen
Nenner suchen und sich von parteitaktischen Erwägungen weitestgehend
frei machen. Genau das Gegenteil ist geschehen. Die liberale
Justizministerin präsentierte einen liberalen Kandidaten, der als
Stuttgarter Regierungspräsident sogar der neuen grün-roten
Landesregierung ins Konzept passte: Die wollte ihn nämlich auf diese
Weise sehr elegant loswerden. Und die Union ließ sich zusichern, dass
dann aber einer der ihren Präsident des Bundesfinanzhofs wird.
Gegenwind kam von SPD-regierten Ländern, die plötzlich "fachliche"
Zweifel am Kandidaten plagten. Dabei ging es eher darum, die neuen
Machtverhältnisse im Bundesrat zu demonstrieren. Dass sie das tut,
kann man der Opposition natürlich nicht generell vorwerfen - wohl
aber, dass sie es gerade bei dieser Personalie tut. Und dass sie so
verlogen argumentiert: Vergleicht man nämlich den Werdegang des
gescheiterten Kandidaten mit dem der scheidenden Amtsinhaberin, sind
die vermeintlichen fachliche Defizite kaum auszumachen. Beide waren
Staatsanwälte. Monika Harms machte Karriere am Bundesgerichtshof,
Johannes Schmalzl leitete das Landesamt für Verfassungsschutz in
Baden-Württemberg - nicht eben eine schwache Qualifikation für das
Amt des obersten Extremistenjägers. Statt nun wieder einen Kandidaten
mit FDP-Parteibuch ins Spiel zu bringen, sollte man doch mal einen
Parteilosen nehmen. Den gibt es ja, er ist sogar bestens
eingearbeitet, seine Kompetenz ist über alle Zweifel erhaben. Doch
der bisherige Vize Rainer Griesbaum wird wohl Vize bleiben - eben
weil ihm als letzte Qualifikation für den Top-Job ein Parteibuch
fehlt. joerg-helge.wagner(at)weser-kurier.de



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Datum: 30.09.2011 - 20:45 Uhr
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