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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar: Die Hängepartie ist vorüber
Mit der Anklageerhebung gegen den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und drei weitere Beschuldigte nimmt die Aufklärung Fahrt auf.

ID: 1515242

(ots) - Genau 409 Tage ist es her, dass 69 Kripobeamte
und Staatsanwälte das Büro des Regensburger Oberbürgermeisters
Joachim Wolbergs und Privaträume durchsucht und Akten beschlagnahmt
haben. 409 Tage, in denen Regensburg angesichts der Korruptionsaffäre
bundesweit Negativschlagzeilen am laufenden Band produziert hat. Gut,
dass die Hängepartie jetzt vorüber ist. Denn nach etwas mehr als
einem Jahr hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben gegen OB
Joachim Wolbergs, den Bauunternehmer Volker Tretzel, den früheren
SPD-Fraktionschef Norbert Hartl und einen ehemaligen Angestellten
Tretzels. Mitte des Jahres 2017 werde sie ihre Entscheidung
verkünden, ob das Verfahren eingestellt oder Anklage erhoben wird,
hatte Oberstaatsanwalt Theo Ziegler immer wieder betont. Angesichts
des hochkomplexen Verfahrens, der vielen Zeugen, zwei Millionen
beschlagnahmter E-Mails, vier Terabyte Daten und der abgehörten
Telefonate ("96 023 Telekommunikationsereignisse mit einer
Gesprächsdauer von 2286 Stunden", so Wolbergs-Anwalt Peter Witting)
hat die Staatsanwaltschaft eine Punktladung hingelegt. Sie hat
geliefert wie versprochen. Und so wie es ausschaut, hat die Behörde
ihre Hausaufgaben gemacht und akribisch gearbeitet. Nun liegt das
Verfahren in den Händen des Landgerichts. Gut ist auch, dass es nun
bald ans Eingemachte gehen dürfte. Denn in der Stadt wurde der Chor
derjenigen immer lauter, die zu wissen glaubten, dass die
Staatsanwälte nichts in der Hand haben, denn sonst hätten sie schon
längst Anklage erhoben. Diese Spekulationen haben nun ein Ende.
Unsinnig waren sie sowieso, denn schließlich existierte und existiert
weiterhin ein außer Vollzug gesetzter Haftbefehl wegen des dringenden
Verdachts der Bestechung bzw. Bestechlichkeit. Auch wenn die
Unschuldsvermutung immer gilt: Angesichts der Schwere der Vorwürfe
war die Frage, ob Anklage erhoben wird, eher eine hypothetische. Es




ging eigentlich immer nur um die Frage: wann? Die Anschuldigungen
sind in der Tat heftig, die Staatsanwaltschaft geht von besonders
schweren Fällen der Bestechlichkeit und Bestechung aus. Die Tatsache,
dass Anklage beim Landgericht erhoben wird, zeigt ferner, dass die
Staatsanwälte von einigen Jahren Haftstrafe ausgehen. Der Strafrahmen
bewegt sich zwischen einem und zehn Jahren Freiheitsstrafe und hängt
nicht zuletzt auch vom angerichteten Schaden bzw. der Höhe des
erlangten Vorteils ab. Wolbergs-Anhänger betonen immer wieder, der OB
habe niemals Geld für sich selbst genommen. Das wird der Prozess ans
Tageslicht fördern. Unerheblich ist es aber aus juristischer Sicht
sowieso, denn beim Tatbestand der Bestechlichkeit ist es egal, ob
jemand für sich oder für andere Vorteile annimmt. Neu ist in diesem
Zusammenhang der Tatverdacht der Staatsanwaltschaft, dass Unternehmer
Tretzel dem OB im Zusammenhang mit der Bebauung Roter-Brach-Weg die
Zahlung von "200 000 Euro an ihn persönlich" in Aussicht gestellt
habe. Gut ist die Anklageerhebung aber auch für die Beschuldigten
selbst, auch wenn dies auf den ersten Blick nicht so erscheinen mag.
Denn der nagende Schwebezustand hat nun ein Ende; sie können in einem
Prozess ihre Unschuld beweisen. Genau das ist es auch, was OB Joachim
Wolbergs immer wieder wollte. Einen "Freispruch erster Klasse" strebe
er an, hat er stets betont. Gut ist der anstehende Prozess nicht
zuletzt auch für die Stadt und die Stadtgesellschaft. Letztere ist
seit Bekanntwerden der Vorwürfe tief gespalten. Ein Prozess als
reinigendes Gewitter könnte den Anstoß geben, auf Sicht die tiefen
Gräben wieder zuzuschütten. An der vollständigen Aufarbeitung des
Spendenskandals führt kein Weg vorbei. Sie ist wichtig, damit die
Stadt, ihre Politiker, die Wirtschaft und die Bürger wieder
unbefangen nach vorne blicken können. Diese Unbefangenheit wieder zu
erlangen, dürfte allerdings ungleich schwerer werden, als die
juristische Aufarbeitung der Affäre.



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Datum: 27.07.2017 - 19:28 Uhr
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