(ots) - Die unter der Flagge Sierra Leones fahrende 
"Ezadeen" ist ein 73 Meter langer Frachter, 1966 gebaut, vorgesehen 
für Viehtransporte. Als die italienische Küstenwache den Frachter am 
Freitag in Obhut nahm, war er vollgepfercht mit Flüchtlingen und 
trieb auf die Küste zu. Die Crew hatte das Schiff seinem Schicksal 
überlassen, als der Treibstoff alle war. Einem der rund 450 
Flüchtlinge an Bord war es gelungen, einen Notruf abzusetzen. "Wir 
sind ohne Besatzung, wir steuern auf die italienische Küste zu und 
wir haben niemanden, der steuern kann", zitierte die Küstenwache den 
Hilferuf. Niemand am Steuer. Es ist zynisch, aber genau das ist ein 
sehr passendes Bild für die Einwanderungsgesetzgebung in Deutschland.
Eine Reform des Asyl- und Einwanderungsrechts wird zwar seit Jahren 
immer wieder angemahnt, aber herangewagt hat sich nie jemand. Ein 
legales Einwanderungssystem gibt es nicht. Und das Thema wird wohl 
auch weiter vernachlässigt. Nach der Neujahrsansprache der 
Bundeskanzlerin und den Reaktionen darauf zeichnet sich ab, in welche
Richtung die Einwanderungsdebatte in nächster Zeit steuern wird. Die 
Schreihälse von Pegida, die Hass und Vorurteile schüren, werden 
getadelt. Moralische Keulen werden geschwungen. Das geschieht 
natürlich zu Recht. Mit den falschen Pegida-Parolen lässt sich keine 
Zukunft gestalten. Andererseits kommt bei dem ganzen Geschrei aber 
niemand mehr zu Wort, der sich mit dem zentralen Ort, dem 
Einwanderungsland Deutschland, beschäftigen will. Das deutsche 
Asylrecht ist in die Jahre gekommen, und zwar nicht seines vermuteten
Missbrauchs wegen, sondern weil es die Lebenswirklichkeit kaum noch 
abdeckt. Klassische Verfolgung durch einen Staat spielt nur bei einem
Bruchteil der Asylanträge noch eine Rolle. Das macht die Lage der 
Betroffenen aber nicht weniger schrecklich. Zu einem großen Teil 
liegen die Ursachen für den Anstieg der Flüchtlingszahlen in 
Bürgerkriegen. Über ein Viertel der Menschen, die in diesem Jahr in 
Deutschland Erstanträge auf Asyl stellten, kam aus Syrien und dem 
Irak. Alle diejenigen, die man nicht als Verfolgte bezeichnen kann, 
sondern die keine Möglichkeit sehen, ihren Lebensunterhalt zu Hause 
zu sichern, sind vom System nicht vorgesehen. Restlos alle können 
erst dann in Deutschland Asyl beantragen, wenn sie es über 
lebensgefährliche Wege hierher geschafft haben - illegal, ein legale 
Einreise ist nicht möglich. Vor allem eine Losung macht gerade die 
Runde: Grenzen zu, Asylverfahren beschleunigen, Abgelehnte schneller 
abschieben und fertig. Aber das ist zu wenig. Natürlich kann 
Deutschland nicht jeden aufnehmen, der sich auf den Weg hierher 
macht. Ein Bleiberecht für alle kann es nicht geben. Aber es muss 
auch für alle, die keine Hochschulabsolventen sind, Möglichkeiten 
geben, legal einzuwandern, und es muss ein Angebot für alle geben. 
Der Präsident des Städtetags, der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich
Maly, hat dieses Angebot als das "kommunale Räderwerk" der 
Integration beschrieben. Tausende hilfsbereite Bürger treiben dieses 
Räderwerk an. Das reicht vom Kindergarten über Sprachkurse und Schule
bis zur Vermittlung eines Jobs oder Ausbildungsplatzes. Diese 
engagierten Bürger bejahen Zuwanderung. Um zu zeigen, dass sie diese 
Bürger ernst nehmen, sollten die Innenminister eine Debatte mit 
Substanz über ein neues Einwanderungsgesetz starten. Wenn die Politik
Stimmung als Motiv heranzieht, dann bitte beide Seiten. Abgesehen 
davon: Wirtschaftlich ist Deutschland schon in naher Zukunft auf noch
viel mehr Zuwanderer angewiesen, will es seinen Wohlstand auch nur 
annähernd sichern.
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