(ots) - Parteienforscher zur Lage der FDP: "Auf
Verlierer setzen die Wähler nicht"
Politikwissenschaftler Falter: Die Liberalen brauchen "noch keinen
Grabstein", schweben aber in ernster Gefahr - "Mehr Kubicki" täte
der Partei gut
Osnabrück.- Trotz der verheerenden Lage der FDP wird sich nach
Einschätzung des Parteienforschers Jürgen Falter die liberale Partei
vorerst nicht auflösen. Allerdings verschärfe sich ihre desolate
Lage, sagte Falter in einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker
Zeitung" (Donnerstag): "Auf Verlierer setzen die Wähler nicht, da
fehlt es an Attraktivität." Der Effekt potenziere sich "mit jeder
weiteren verlorenen Wahl", warnte er. Dennoch werde die Partei auch
in Zukunft existieren: "Wir brauchen noch keinen Grabstein für die
FDP." Angesichts der fortschreienden Digitalisierung und der "damit
einhergehenden Probleme für die Privatheit der Bürger" bleibe eine
Bürgerrechtspartei von Bedeutung, so der Politikwissenschaftler. Die
Gefahr, dass sich die Lage weiter verschlechtert, sei jedoch immens,
erklärte Falter, Professor am Institut für Politikwissenschaft der
Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Dramatisch werde es, "sollten
2016 auch die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
verloren gehen. Dann wäre die FDP als politische Kraft erledigt."
Sich von der Mutterpartei abgrenzende neue liberale Parteigründungen,
wie etwa in Hamburg, seien für die FDP "kaum eine Bedrohung", sagte
Falter. "Es hat immer wieder Abspaltungen von Rechts- und
Linksliberalen gegeben. Alle diese Gruppen sind nach einiger Zeit
wieder verschwunden", erklärte er. Falter rät den Liberalen zu mehr
Mut: "Die FDP muss versuchen, sich mit neuen, farbigen, auch
unbequemen Positionen Gehör zu verschaffen. Sie braucht
Persönlichkeiten, die das in die Schlagzeilen bringen. Man könnte
auch sagen: Die FDP braucht mehr Kubicki", schloss er mit Blick auf
den medienwirksamen wie streitbaren FDP-Vizevorsitzenden Wolfgang
Kubicki. Seit der historischen Wahlniederlage der FDP bei der
Bundestagswahl 2013, wo sie erstmals seit ihrer Gründung aus dem
Parlament gewählt wurde, kämpft die Partei um Bedeutung und
Wählerstimmen. Mit wenig Erfolg: Bei der Europawahl im Mai verlor sie
massiv an Stimmen, bei der Landtagswahl in Sachsen am vergangenen
Sonntag büßte sie nicht nur ihre letzte Regierungsbeteiligung in
einem Bundesland ein, sondern scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde.
Gleiches droht ihr bei den bevorstehenden Landtagswahlen in
Brandenburg und Thüringen am 14. September.
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