(ots) - Die Rüge des Europäischen Gerichtshofes lenkt
reichlich Wasser auf die Mühlen all jener, die in der Kirche eine
Institution sehen, die mit ihren Wertvorstellungen dem Mittelalter
entsprungen ist. Ehebruch als Kündigungsgrund für einen Organisten?
Ist das nicht unvorstellbar? Ja, aber nur aus Unkenntnis. Kirchen
sind "Tendenzbetriebe". Sie vereinen Menschen mit den gleichen
Handlungsweisen und Wertauffassungen. Und dazu gehört in der
katholischen Kirche das Sakrament der Ehe. Die Entlassung des
ehebrüchigen Organisten aber wirft komplexe Fragen auf. Denn es geht
nicht allein um das Recht auf Privatleben, wie der Europäische
Gerichtshof argumentiert, sondern um das Verhältnis religiöser
Vorschriften zu einem säkularen Staat. Wo exakt ziehen wir die
Grenzen der Religionsfreiheit, wie weit darf der Spielraum der Kirche
im Rechtsstaat sein? So leicht wie bei der Scharia - den auch
frauenfeindlichen Vorschriften des Koran - finden wir in diesem Fall
keine Antwort. Sakramente sind der Kern des Glaubens. Wer sie zur
rechtlichen Verfügungsmasse macht, höhlt sie aus. Das freilich
geschieht auch mit jedem Fall von sexuellem Kindesmissbrauch durch
Priester. Die Kirche muss also glaubhaft vorleben, was sie
einfordert.
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