(ots) - Der gewaltsame Tod der Mindener Schulleiterin
Mechthild Schröer in San Francisco wirft eine Frage auf, die ehrlich
beantwortet werden muss: Sind die USA ein sicheres Reiseland?
Immerhin fahren mehr als 1,8 Millionen Deutsche jährlich in die
Vereinigten Staaten. Die meisten kommen wohlbehalten und zufrieden
zurück. Dennoch ist Amerika ein vergleichsweise unsicheres Reiseland:
Erstens gibt es dort in touristisch attraktiven Städten Ghettos, in
die man sich nicht verirren sollte. Diese Verbrecherviertel, die
Amerika nicht in den Griff bekommt, werden selbst von der Polizei
gemieden. Sie sind eine Schande für eine Nation, die sich immerhin
reich und entwickelt nennen kann. Mechthild Schröer aber hat diese
Krebsgeschwüre der amerikanischen Gesellschaft nicht betreten; sie
starb im Theaterviertel von San Francisco. Ihr Tod lässt daher
erkennen, dass die USA kein ganz sicheres Reiseland sind. Und dafür
gibt einen zweiten Grund: Das unselige Recht auf freien Waffenbesitz,
das die Problematik verschärft. Seit 1791 erlaubt die US-Verfassung
den Besitz und das Tragen von Schusswaffen. Die Bilanz ist
verheerend: Bei etwa 200 Millionen Waffen im Lande sterben täglich
durchschnittlich 80 Menschen durch den Waffengebrauch. Amerika führt
einen schleichenden blutigen Bürgerkrieg. Die Kinder sind dabei die
beklagenswertesten Opfer: Allzu oft spielen sie mit Waffen und
verunglücken dabei tödlich. Mechthild Schröers Tod veranlasste den
Bürgermeister von San Francisco, die »sinnlose Gewalt« zu verurteilen
und der Familie sein Beileid auszusprechen. Diese Geste ist würdig
und schicklich. Weniger überzeugend klang hingegen der deutsche
Generalkonsul, der San Francisco eine »sichere Stadt« nannte. Die
Tötung einer Touristin könne »überall auf der Welt passieren«. Genau
hier irrt der Konsul. Mechthild Schröer wurde von einer Kugel eines
18-jährigen mutmaßlichen Täters getroffen. In den USA können
Jugendbanden viel leichter Waffen erwerben als in Bern, Dublin, Köln,
Dubai oder Singapur. Das ist ein Skandal. »Überall auf der Welt« gibt
es eben keine derart massiv bewaffneten Jugendbanden wie in den USA.
Das Recht zum Waffenbesitz hat sich überlebt. Bürgermilizen sind
überflüssig geworden. Mit einer Zweidrittelmehrheit ließe sich die
Verfassung ändern, doch diese Mehrheit gibt es leider nicht. Der
mächtige nationale Waffenverband NRA verhindert jedes
Waffenkontrollgesetz. Viele progressive Politiker, Juristen und
Bürger laufen Sturm gegen den amerikanischen Waffenwahn. Bill Clinton
konnte immerhin kleine Erfolge im Kampf um die Schusswaffenkontrolle
erzielen. Doch die meisten Reforminitiativen scheitern. Das ist die
Tragik einer Gesellschaft, die beim Thema Waffenbesitz tief gespalten
ist. Mechthild Schröer wurde leider zum Opfer dieses
inneramerikanischen Kulturkampfes.
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Andreas Kolesch
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