(ots) - Ein Mann liegt am Boden. Offene Feindseligkeit
schlägt ihm entgegen. Seine Mitarbeiter fühlen sich im Stich
gelassen, die Parteifreunde auf Bundesebene gehen auf Distanz. Selbst
der Bundespräsident rät indirekt zum Rücktritt. Längst hat die
öffentliche Meinung ihr Urteil gefällt: Zumindest politisch
verantwortlich für den Tod von 21 Menschen. Symbol eines Politikers,
der um jeden Preis an seinem Stuhl klebt.
Noch am Sonntagabend sah es so aus, als wolle Adolf Sauerland die
Brocken hinwerfen, erschüttert über die Toten und Verletzten im
Tunnel, weichgeklopft von Wut und Empörung im Lande, fast gehetzt von
Teilen der Presse. Seit gestern sieht er offenbar wieder Chancen, im
Amt zu bleiben. Ermuntert dadurch, dass der entscheidende Fehler, der
zur Tragödie führte, womöglich der Polizei anzulasten ist. Es gibt
Hinweise darauf. Nach der Sondersitzung morgen im Landtag wissen wir
mehr. Seine Duisburger Parteifreunde wollen ihm jetzt beistehen. Die
Angst vor dem Machtverlust ist groß.
Es gibt nichts zu beschönigen. Duisburg hätte diese Loveparade
niemals veranstalten dürfen. Sie wurde durchgepaukt, gegen alle
mahnenden Vorbehalte, mit Adolf Sauerland als oberstem Antreiber.
Doch ihm nun zu unterstellen, leichtsinnig Menschenleben riskiert zu
haben, nur um Ruhm für sich und seine Stadt zu ernten, ist infam.
Mancher Vorwurf ging entschieden zu weit. Der 55-Jährige wollte den
Duisburgern ein Erfolgserlebnis verschaffen und ist damit auf
grausamste Weise gescheitert. Weil es unbestritten eine Reihe von
Unstimmigkeiten bei der Planung und Genehmigung des Events gab,
sollte er endlich zurücktreten. Den idealen Zeitpunkt hat er ohnehin
verpasst. Geld darf dabei keine Rolle spielen. Der OB fällt nicht ins
Bergfreie, wie vereinzelt berichtet wurde.
Die Toten von Duisburg sind bestattet, jetzt muss endlich
aufgeklärt werden, ohne Ansehen der Person und ohne voreilige
Schuldzuweisung. NRW-Innenminister Ralf Jäger und Rainer Wendt, der
Chef der Polizeigewerkschaft, haben sich viel zu früh für ihre
Beamten aus dem Fenster gehängt. Womöglich kommen gravierende Mängel
bei Ausstattung und Kommunikation ans Licht. Eine weitere Belastung
für die neue, aber auch für die abgelöste Landesregierung. Gewisse
Zweifel weckt auch die Tatsache, dass die Abläufe im Rathaus von
einer verwaltungsinternen Untersuchungsgruppe überprüft werden
sollen. Es besteht die Gefahr von Abhängigkeiten. Den Opfern der
Loveparade kann mit alledem nicht mehr geholfen werden. Aber es
besteht die Chance, dass sich eine solche Tragödie nicht wiederholt.
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