(ots) - Wer ein Gefühl dafür bekommen will, was die Öffnung
der SPD für ein Bündnis mit der Linkspartei für die Sozialdemokraten
auch bedeuten kann, sollte nach Thüringen schauen (wir haben in die
Thüringer Allgemeine geschaut, die zu unserem Verlag gehört). In
Thüringen zeichnet sich nach dem SPD-Bundesparteitag eine
bemerkenswerte Wende ab. Dort räumt die SPD wohl eines der größten
Tabus beiseite: Thüringens SPD-Chef kann sich durchaus vorstellen,
einen Ministerpräsidenten der Linkspartei zu wählen. Nach Lage der
Dinge wird dann Bodo Ramelow, ein West-Import aus Hessen, mit Hilfe
der SPD zum Regierungschef gewählt. Er wäre der erste von der
Linkspartei, ein Vierteljahrhundert nach der Wende.
Entscheidend ist nicht mehr das Grundsätzliche, ist nicht mehr die
Geschichte, sondern: die Macht. Das Grundsätzliche war die Aussage
der thüringischen SPD, mit der Linkspartei komme ein Bündnis auf
Bundesebene nicht infrage, weil mit deren Positionen in Deutschland
kein Staat zu machen sei. Und da der Regierungschef eines
Bundeslandes in Berlin Politik mitgestalte, bedeute das Nein zu
Rot-Rot im Bund ein Nein zu einem Linkspartei-Ministerpräsidenten.
Die Geschichte war, dass sich eine nach der Wende neu gegründete
Partei nicht mit den Erben einer Partei einlassen könne, die einst
für das gewaltsame Verschwinden der SPD verantwortlich war. Deshalb
hatte die SPD in den neunziger Jahren verhindert, dass frühere
SED-Mitglieder bei ihr eintraten. Nun, da weder Grundsätze noch
Geschichte noch zählen, rechnet die SPD kühl die programmatischen
Gemeinsamkeiten mit der Linkspartei zusammen, vom Mindestlohn über
Mindestrente bis zur Gesundheitspolitik. Nach dieser Logik hätte die
CSU übrigens seinerzeit in Bayern auch mit den Republikanern
koalieren können.
In der SPD gibt es Mitglieder, die meisten von ihnen sind um die
60 Jahre alt, die einst als Reaktion auf die Bedrohung der
westdeutschen Freiheit, etwa in Berlin, in die SPD eingetreten sind.
Wie werden die das alles finden? Die SPD-Wende wird auch in der noch
zuckenden FDP registriert. Statt vor der Bundestagswahl die Liberalen
zu unterstützen müsse die Kanzlerin nun mit einem Partner verhandeln,
der sich auf Kommunisten einlasse. Tja.
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