(ots) - Die SPD-Spitze hat sich mächtig in die Kurve gelegt,
als sie mit Vollgas auf den Kurs zu schwarz-roten
Koalitionsverhandlungen einschwenkte. Offenbar haben die Gabriels,
Krafts und Steinmeiers bei ihrem Manöver vom Donnerstag nicht
einkalkuliert, dass der Parteibasis das vorgelegte Tempo zu schnell
und halsbrecherisch sein könnte. Nun droht die Basis mit der
Notbremse. So manches SPD-Mitglied hat - vorsichtig ausgedrückt -
erhebliche Bedenken gegen die plötzliche Begeisterung der
Partei-Oberen für Verhandlungen mit CDU und CSU. Die Vorbehalte
kommen nicht von ungefähr. Hatten die Frontleute doch selbst den
Eindruck erweckt, man würde nicht ohne "Trophäe", also ohne eine
Zusage der Union in einem der Knackpunkte der SPD, aus den
Sondierungsgesprächen kommen. Nun gibt es allenfalls unverbindliche
Zusagen oder Andeutungen über angebliche geheime Absprachen der drei
Parteichefs. Das dürfte vermutlich reichen, um der Mehrheit der
Delegierten des SPD-Konvents am Sonntag ein "Ja" für die Aufnahme der
Verhandlungen abzuringen. Im Hinblick auf die Mitgliederbefragung,
die am Ende bei der SPD über den Koalitionsvertrag entscheiden soll,
könnte sich die plötzliche Begeisterung der Parteispitze für eine
Große Koalition jedoch ebenso verheerend auswirken wie der
demonstrative öffentliche Schulterschluss Hannelore Krafts mit
CSU-Mann Alexander Dobrindt auf dem Balkon. Die Aversion vieler
SPD-Mitglieder gegen eine Zusammenarbeit mit der Union ist groß.
Vielen - das beweist auch eine Umfrage dieser Zeitung in der Region -
geht ein schwarz-rotes Bündnis gegen den Strich. Da ist vieles
emotional begründet. Es wäre die Rolle der von der SPD-Basis hoch
geschätzten Kraft gewesen, die Zweifler in den eigenen Reihen mit
guten Argumenten umzustimmen. Doch mit ihrer erstaunlichen Wandlung
von der größten Skeptikerin zur Fürsprecherin von
Koalitionsgesprächen hat Kraft sich dieser Position selbst beraubt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die SPD-Mitglieder eine Große Koalition
ablehnen, ist seit Donnerstag gestiegen.
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