(ots) - Der Göttinger Politologe Franz Walter schreibt der
Pädophilie-Debatte eine Mitverantwortung für das schwache Abschneiden
der Grünen in der Bundestagswahl zu. "Sie hat die Aura der Grünen
stark verblassen lassen", sagte Walter dem "Kölner Stadt-Anzeiger"
(Dienstagausgabe). Zugleich bestritt er, dass die Veröffentlichung
von Teilergebnissen seiner Studie über den früheren Umgang der Grünen
mit Pädophilie Einfluss auf die Wahl gehabt habe. "Der Abwärtstrend
war längst im Gange", sagte Walter und verwies auf den Ausgang der
bayerischen Landtagswahl, die vor der Publikation lag und trotzdem
"ziemlich in die Hose gegangen" sei. Im Übrigen gehöre die am
Wahlabend von führenden Grünen geäußerte Klage über eine Kampagne "zu
den banalsten Ausflüchten von Wahlkämpfern. Das ist so primitiv, dass
ich immer davon abraten würde. Wir können damit nicht gemeint sein",
so Walter mit Blick auf sein Forschungsteam, das vom Grünen-Vorstand
beauftragt worden war, den Einfluss von Gruppen mit pädophilen
Forderungen bei den Grünen in deren Frühzeit zu untersuchen.
Den angekündigten Rückzug der Grünen-Führungsspitze bezeichnete
Walter als Flucht aus der Verantwortung. "In den nächsten vier Wochen
wäre Kümmern angesagt, nicht Abhauen." Wenn die Grünen-Führung
wirklich gestalten wollte, bräuchte sie jetzt ein starkes
organisatorisches und strategisches Zentrum. "Aber das ist
offenkundig in der Pulverisierung begriffen, und damit erledigt sich
im Grunde schon jetzt die Option einer Regierungsbeteiligung." Walter
erwartet daher eine Neuauflage der großen Koalition von Union und
SPD, in der die Sozialdemokraten erfolgreicher sein könnten als in
der Zeit von 2005 bis 2009: "Man weiß doch inzwischen, wie Frau
Merkel regiert und worauf sie ihre Popularität gründet: als
Inkarnation des Anti-Chaos." Ein guter Politiker werde "Mittel und
Wege finden, ihr das in einer Koalition nicht einfach durchgehen zu
lassen", so Walter, der selbst SPD-Mitglied ist.
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