(ots) - Die Bahn rüstet auf. Nicht die unterbesetzten
Stellwerke sondern die Bahnsteige - mit Kameras, damit jene, die auf
die verspäteten Züge warten, sich zumindest sicherer fühlen. Wobei
die Betonung auf fühlen liegt, denn die nach jeder spektakulären Tat
geforderte stärkere Videoüberwachung mag bei der Aufklärung von
Delikten helfen, wird selbige meist jedoch nicht verhindern. Denn der
Schluss, potenzielle Täter ließen sich durch das elektronische Auge
abschrecken, mag auf kleine Gauner, Dealer oder Taschendiebe
zutreffen - fanatisierte Einzeltäter wie die Kofferbomber von Köln
oder brutale U-Bahn-Schläger, die blind auf ihre Opfer eindreschen,
werden darauf wenig Rücksicht nehmen. Obendrein hilft die beste
Videoanlage nichts, wenn sparbedingt keine Polizisten zur Stelle
sind, oder - wie ebenfalls schon geschenen - es zwar genügend Kameras
gibt, die Bilder aber nicht verfügbar sind, weil Bahn und Polizei
über die Kosten der Aufzeichnung streiten. Nun soll alles besser
werden. Eine 36-Millionen-Video-Offensive von Bund und Bahn, als
weiterer Baustein eines Sicher-Sauber-Service-Konzepts, vergleichbar
den durchaus sinnvollen Notruf-Sprechanlagen, die es in vielen
Wartehäuschen der Bahn gibt. Vielleicht hilft das alles ja, doch es
sei daran erinnert: Viele Reisende meiden längst die
schaffnerreduzierten Nahverkehrszüge in den späten Abendstunden, in
denen Betrunkene durch die Wagen wanken und pöbelnd mehr Ungemach
verbreiten als jeder vergessene Rucksack. Weglaufen - wohin? Hilfe
holen - bei wem? Der Zug fährt. Und die Kameras hängen am Bahnsteig.
Hauptsache, das Bauchgefühl stimmt.
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