(ots) -
Der Kandidat hat ja recht: Entschieden ist noch
gar nichts. Nur die Wahrscheinlichkeit, dass Peer Steinbrück nach dem
22. September Kanzler wird, erscheint auch politischen Beobachtern,
die keine Umfragen mit Ergebnissen verwechseln, als eher gering.
Deshalb kann aber die SPD den Wahlkampf nicht einstellen. Und deshalb
gibt es auch keinen Grund, sich darüber zu mokieren, dass Steinbrück
gestern seine Pläne für einen nicht erwartbaren Fall vorgestellt hat.
Vielleicht gewinnt er damit noch Stimmen. Vielleicht verliert Merkel
noch an die Euro-Gegner. Vielleicht bleiben potenzielle CDU-Wähler zu
Hause, weil ihnen der Sieg sicher scheint oder weil sich die Partei
unter der pragmatischen ostdeutschen Protestantin zu weit von
traditionellen Werten entfernt hat. Vielleicht passiert doch noch
irgend etwas. Es gibt viele Unwägbarkeiten.
Und Steinbrücks
Startprogramm selbst ist durchaus mehrheitsfähig. Flächendeckender
Mindestlohn, Solidarrente, gleicher Lohn für gleiche Arbeit,
Kita-Plätze statt Betreuungsgeld, höhere Steuern ab 100 000
Euro, Mietpreisbremse, Regulierung der Finanzmärkte - die
Forderungen, sind populär, ohne populistisch aufzutrumpfen. Das wäre
mit den Grünen flott umsetzbar.
Man kann jedoch fragen, ob
die Wohnungsnot in den Städten nicht noch zunähme, wenn potenzielle
Neubau- Investoren weniger Rendite erzielten oder ob der Stopp von
Steuerverschwendung nicht wichtiger wäre als eine Steuererhöhung.
Steinbrücks größeres Manko aber besteht dort, wo er sich stark redet:
bei der Authentizität. Was er in der Regierung dereguliert hat, will
nun ausgerechnet er regulieren? Passt der Mann zum linken Programm?
Die Zweifel daran werden das 100-Tage-Programm wohl auf die 24 Tage
bis zur Wahl begrenzen.
Redaktion
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