(ots) - Wenn sich ein Fahrer nicht ermitteln lässt, soll
künftig immer der Autohalter für Temposünden haften. Darauf dringt
der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. An
einzelnen Radarmessstellen betrage die Ausfallquote bis zu 40
Prozent, sagte er den Zeitungen der WAZ-Gruppe (Montagausgaben).
"Fast jeder zweite Raser kommt mit irgendwelchen Ausreden davon",
beklagte Wendt. Entweder seien die Fotos zu schlecht oder der Halter
weigere sich, den tatsächlichen Fahrer zu nennen. "Wir wollen, dass
die Halterhaftung in Deutschland eingeführt wird", sagte Wendt. Das
sei bereits die Praxis in anderen EU-Staaten wie Frankreich, Irland,
Griechenland, Niederlande, Österreich, Spanien, Portugal oder Ungarn.
Von der nächsten Regierung erwartet Wendt eine Gesetzesänderung.
Dafür sprächen nach seiner Ansicht zwei Gründe. Zum einen wäre es
ein Signal an die Raser: "Sie können nicht entkommen." Zum anderen
könnte man die Polizei entlasten, die bisher in vielen Zweifelsfällen
anhand von Fotos die Fahrer ermitteln müsse. "Was ums umtreibt, ist
der sinnvolle Personaleinsatz", erläuterte Wendt. Er schätzt, dass
die Jahresarbeitszeit von mindestens 2000 Polizisten nötig sei, "um
faule Ausreden von Rasern zu widerlegen". Allein in Berlin wären
damit rein rechnerisch 100 Polizisten gebunden. Wendt: "Diese
Hundertschaft würde ich lieber an Kriminalitätsbrennpunkten
einsetzen, um die Bürger zu schützen."
In der Pflicht sieht der Gewerkschafter den Bund. Die
Halterhaftung sei aber "nicht gerade ein Beliebtheitsthema".
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und ihr
Kabinettskollege Verkehrminister Peter Ramsauer (CSU) hätten bisher
zurückhaltend reagiert. "Ich glaube aber, dass die Bürger viel
vernünftiger sind, als oft angenommen wird", so Wendt. Er kündigte
einen Vorstoß bei NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) an. NRW
übernimmt 2014 den Vorsitz der Innenministerkonferenz. Er erwarte von
ihm, "dass er dieses Thema für uns befördert". Den Innenministern
fehle das Geld für mehr Personal, also sollten die Beamten besser
eingesetzt werden. Wendt: "Manchmal zwingt die Not zu vernünftigen
Lösungen. Das ist in der Politik sehr häufig so."
Der ADAC lehnte unterdessen eine Halterhaftung für Verstöße im
fließenden Verkehr strikt ab. "Die Bestrafung des Fahrzeughalters
statt des Fahrer verstößt nicht nur gegen das in der Verfassung
verankerte Schuldprinzip und ist ohne Änderung des Grundgesetzes
unmöglich", erklärte der ADAC gegenüber der WAZ. Das heutige System,
wonach der verantwortliche Fahrzeugführer zu ermitteln und zu
belangen sei, habe sich bewährt.
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