(ots) - Der ehemalige SPD-Chef Franz Müntefering hat
einmal gesagt, es sei unfair, wenn man Parteien daran messe, was sie
vor der Wahl gesagt haben. Die Empörung war teilweise zu Recht groß.
Gleichwohl hat Müntefering damals das Problem von Wahlprogrammen in
der ihm typischen Art auf den Punkt gebracht. Sie sind an vielen
Stellen das Papier kaum wert, auf dem sie gedruckt sind. Über die
Pläne der Union kann man in der Tat viel Kritisches anmerken - teure
Versprechungen, die nicht solide finanziert sind. Den Vorwurf müssen
sich CDU und CSU gefallen lassen. Wahlprogramme sind jedoch
Absichtserklärungen. Vor der Umsetzung stehen in der Regel
Koalitionsverhandlungen. Das werden die Schwesterparteien zu spüren
bekommen, sollte nach der Bundestagswahl ein Neustart für
Schwarz-Gelb möglich sein. Mütterrente, Mietpreisbremse, entweder
wird die Union das eine oder andere Vorhaben wegen des Widerstands
der FDP beerdigen müssen, oder aber sie muss den Liberalen woanders
Zugeständnisse machen. Umgekehrt genauso. Und Gleiches gilt für SPD
und Grüne, sollten sie nach der Wahl koalieren können. Auch ihre
Programme sind nicht eins zu eins kompatibel. Deswegen dürfen
Wahlprogramme nicht überschätzt werden. Manches wird
hineingeschrieben, das den Wähler locken soll, von dem die
Parteistrategen aber wissen, dass sie es vermutlich sowieso nicht
umsetzen können. Der eigentliche Wert von Programmen liegt darin,
dass die Parteien ihren Kurs verraten. Die Union versucht es mit
Kuschelprogrammatik, die SPD mit Umverteilung, die Grünen mit
Steuererhöhungen, die FDP mit Abgrenzung und die Linke mit dem
Füllhorn. Das ist allemal gut zu wissen.
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