(ots) - Unausgereift
Von Sebastian Riemer
Im ethischen Spannungsfeld zwischen der Selbstbestimmung des
Menschen und dem Schutz des Lebens gibt es wenig Spielraum. Allzu
rasch nimmt eines der beiden Güter schaden. Wer die rechtlichen
Rahmenbedingungen zur Sterbehilfe ändern will, sollte deshalb
umsichtig und behutsam handeln. Das hat die Justizministerin
versäumt. Ihr Gesetzesvorschlag wirkt wie ein Schnellschuss, ist
unausgereift und nicht praxistauglich. Die gewerbsmäßige Förderung
der Selbsttötung soll unter Strafe gestellt werden, die Beihilfe
durch Angehörige oder nahe Freunde aber weiter straffrei sein. Die
Krux: Auch Ärzte und Pfleger können zu letzterer Personengruppe
zählen, insofern "eine länger andauernde persönliche Beziehung
entstanden ist." Doch wer soll diese Beziehung beurteilen? Wenn
Sterbewillige ihrem Leben nach jahrelangem Leiden ein Ende setzen
wollen, sind der Hausarzt oder ein Pfleger oftmals längst zu engen
Begleitern geworden. Einem Richter dürfte es unmöglich sein, zu
bewerten, ob der Grad der persönlichen Nähe ausreicht für
Straffreiheit. Und eines ist sicher: Clevere gewerbliche Sterbehelfer
werden nicht davor zurückschrecken, dieses Gesetz zu ihren Gunsten
auszuweiten.
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