(ots) - Mit Kungelei unter den Mächtigen einer Stadt hat der
ungewöhnliche Strafprozess gegen ein Ratsmitglied der Stadt Essen
wenig zu tun. Dass der wegen Vergewaltigung einer Disco-Bekanntschaft
angeklagte Sozialdemokrat jetzt auf Bewährung hoffen darf und sich
die öffentliche Verlesung seiner Anklage ersparte, liegt wohl einzig
und allein an seiner durch 50 000 Euro erkauften Verständigung
mit dem mutmaßlichen Opfer des Sexualdeliktes. Dem Gericht sind
dadurch die Hände gebunden. Das ist zu vermuten, denn eine Begründung
gab die XVII. Essener Strafkammer nicht, warum sie erst an Gefängnis
dachte und jetzt doch zu einer Bewährung bereit ist. Vermutlich hatte
das Opfer, dessen Position im Strafprozess in den vergangenen zehn
Jahren deutlich gestärkt wurde, signalisieren lassen, es werde sonst
gar nicht aussagen. Ohne diese Aussage hätte das Gericht den
Angeklagten aber freisprechen müssen. So bleibt der Eindruck, dass
Täter, die über entsprechende finanzielle Mittel verfügen, sich quasi
freikaufen können. Das ist nicht der Alltag bei Sexualdelikten. Und
es widerspricht dem Grundsatz, dass alle Angeklagten vor Gericht
gleich sind.
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