(ots) - Nachvollziehbar
In der Absage des Präsidentenbesuchs bei Thyssen-Krupp eine
inhaltlich getriebene Kritik an der Konzernstrategie zu sehen dürfte
zu weit gehen. Selbst der Betriebsrat wundert sich, stehen bei dem
Stahl-Riesen zwar Umstrukturierungen bevor, nicht aber
Massenentlassungen. Konzernteile sollen ausgelagert oder verkauft
werden. Auch auf ein Viertel seines Umsatzes will Thyssen-Krupp in
diesem Zuge verzichten. Wer Stellenabbau mit Entlassung gleichsetzt,
müsste also auch sagen, dass der Konzern Milliardenerlöse zu
verschenken plant. Beides hat er nach jetziger Lage nicht vor.
Gleichwohl handelte der Bundespräsident nachvollziehbar. In
Brasilien in die Kameras zu winken, während sich Mitarbeiter in der
Heimat Zukunftsfragen stellen, hätte sich als schlechte Idee erweisen
können. Hinzu kommt, dass Wulff erst kurz vor seinem Auftritt von den
Plänen erfuhr. Der Redetext dürfte zumindest nicht mehr gepasst
haben.
Dass Wulff die Brüskierung nicht scheute, wird indes auch andere
Gründe gehabt haben. Der Besuch sollte Schlusspunkt einer aufwendigen
Lateinamerikareise sein. Nur dass die Tour schon wegen der alles
dominierenden Tötung Bin Ladens auf geringstmögliche Resonanz
gestoßen war. Dann ging mit den Meldungen zu Thyssen-Krupp auch noch
das Ende daneben. Indem Wulff den Besuch provokant platzen ließ,
konnte er zumindest so einen Akzent setzen.
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