(ots) - Die Schriftstellerin Juli Zeh will sich der
Volkszählung verweigern. "Ich weiß, dass ich gesetzlich verpflichtet
wäre, zu antworten", sagte sie der "taz. die tageszeitung"
(Montagausgabe). "Ich werde mich trotzdem verweigern, sollte ich
unter den Auserwählten sein."
Von diesem Montag an werden 80.000 Interviewer stichprobenartig
zehn Prozent der Bevölkerung direkt zu ihren Lebensumständen
befragen. Es ist die erste Volkszählung in Deutschland seit 24
Jahren. Wer sich verweigert, riskiert ein Bußgeld.
"Das Bußgeld würde ich in Kauf nehmen - und dagegen klagen", sagte
die Schriftstellerin Zeh in einem Streitgespräch mit Gert G. Wagner,
dem Vorsitzenden der Zensuskommission. Zeh: "Genauso wenig wie ich
will, dass der Nachbar in meinen Schubladen wühlt, will ich mir
Fragen stellen lassen müssen, die meinen persönlichen Lebensbereich
betreffen."
Zeh macht sich Sorgen, dass die Volkszählungsdaten missbraucht
oder gestohlen werden könnten: "Sichere Daten sind deshalb immer nur
die, die nicht erhoben werden."
Kritisch sieht Zeh außerdem, dass die Zensus-Interviewer auch nach
dem Migrationshintergrund fragen. Damit gehe Deutschland über die
Vorgaben der EU hinaus. "Wir hatten gerade eine sehr laute Debatte
zum Thema Migration", sagte Zeh der taz. "Wenn jetzt staatlich
erhoben wird, wer alles aus der arabischen Welt kommt, verschärft das
die Fronten im angeblichen ,Kampf der Kulturen' doch nur weiter."
Zensuskommissions-Chef Wagner widersprach: "Mit diesen Daten wird
die Diskussion über das Leben von Einwanderern auf eine rationale
Grundlage gestellt", sagte er der taz. "Wir werden erkennen, dass die
Zuwanderung eine Bereicherung für unser gemeinsames Leben ist."
Sorgen um einen möglichen Missbrauch der Zensusdaten bezeichnete
er als "irrational". Wagner: "Es geht um Statistik und nicht um
Spitzelei." Der Staat brauche eine bessere Grundlage für seine
Planung.
Gert G. Wagner, 58, ist Volkswirtschaftprofessor und leitet seit
Februar das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in
Berlin.
Die Autorin und Juristin Juli Zeh, 36, hat sich durch ihre
Streitschrift "Angriff auf die Freiheit" auch als Bürgerrechtlerin
einen Namen gemacht.
Pressekontakt:
taz. die tageszeitung
Redaktion Inland
Telefon: 030-25902-149 (Wolf Schmidt)