(ots) - Der Streit ums neue Benzin E10 ist der klassische
Fall einer politischen Informationskatastrophe: Sie entsteht, wenn
der Staat ohne Vorwarnung ein Gesetz oder eine Verordnung erlässt und
damit in das Leben von Millionen von Bürgern eingreift. Und wenn dann
eine Mischung aus Unwissen der Betroffenen, Arroganz der Verwaltung
und Sabotage von Lobbygruppen für Chaos sorgt. Ganz anders im
Wirtschaftsleben. Bevor ein neues Produkt eingeführt wird, ermittelt
die Firma die Wünsche der Kunden. Das Produkt wird entsprechend
geformt. Und dann kommt ein ausgeklügeltes Konzept aus Marketing und
Werbung zum Tragen. Politik funktioniert nicht so. Was sie
beschließt, entspringt oft nicht dem Bürgerwunsch, sondern
irgendeinem parteiinternen Kompromiss, der dann zu einem
Koalitionskompromiss verändert wird, welcher noch einmal mutiert,
wenn es in den Bundesrat oder zur EU geht. Gesetze sind
Verhandlungsmasse und treten oft, wie die Hartz-IV-Reform, in letzter
Minute in Kraft. Ohne jegliche Kommunikationsstrategie. Gesetze
durchlaufen immerhin Kabinett, Bundestag und Bundesrat. Da gibt es
wenigstens noch eine kleine Chance, dass die Öffentlichkeit sie vor
dem Inkrafttreten wahrnimmt. Verordnungen wie bei E10 aber kann die
Verwaltung über Nacht erlassen. Sie sind Alltagseingriffe vom grünen
Tisch der Ministerialbeamten herab. Wann lernt die Regierung, dass
sie so im Kommunikationszeitalter des Internets nicht länger vorgehen
darf? Dass mit jedem Stuttgart 21- und E10-Desaster der Staat an
Akzeptanz verliert. Denn wenn Beschlüsse nicht mehr umgesetzt werden,
weil sie weltfremd sind oder nicht vermittelt wurden, dann nimmt die
Autorität der demokratisch gewählten Institutionen Schaden. Die
E10-Pleite ist klar dem Umweltminister zuzuschreiben, der eine
ausreichende Kommunikation vorher hätte gewährleisten müssen. Falls
dieser Vorgang noch etwas Gutes haben soll, dann muss es so aussehen:
Kanzlerin Angela Merkel bläut ihren Ministern ein, dass sie alle
nicht zum Selbstzweck regieren, auch nicht als Sprungbrett für andere
Ämter, sondern für die Bürger. Außerdem nimmt sich die Regierung vor,
weit vor der Verabschiedung wichtiger Gesetze und Verordnungen über
die Risiken und Nebenwirkungen nachzudenken und dabei den Rat von
Betroffenen einzubeziehen. Ebenso nimmt sie sich vor, rechtzeitig die
Information der Menschen zu planen. Transparente Demokratie und eine
bürgerfreundliche Regierung, das wäre mal ein neuer Kraftstoff, den
das Land wirklich gebrauchen könnte.
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