(ots) - Hartz-IV-Schock - Zum Appell an
Leistungsempfänger, auf Widersprüche zu verzichten
Kommentar von Anette Asmussen
Jetzt wird es richtig abenteuerlich im Streit um die
Hartz-IV-Reform: Die Regierung ist mit ihren Plänen im Bundesrat
gescheitert. Ob ein künftiges Kompromiss-Gesetz vor dem
Verfassungsgericht bestehen kann, ist fraglich. Und nun bricht auch
noch in der Verwaltung die Panik aus. Der Vorstand der Bundesagentur
für Arbeit (BA) bittet Deutschlands Leistungsempfänger darum, das in
ihrer Situation einzig Richtige nicht zu tun: nämlich vorsorglich
Widerspruch gegen Bescheide zu erheben, von denen niemand mehr weiß,
auf welcher Grundlage sie eigentlich ergehen.
Auf automatisch rückwirkende Zahlungen könnten die
Leistungsempfänger vertrauen, kündigt Heinrich Alt vollmundig an.
Weiß dabei aber weder, wie das frühestens für Februar 2011 erwartete
Gesetz aussehen wird, noch, ob das Verfassungsgericht die
Neuregelung wieder einkassiert. Dafür spricht angesichts des -
besonders im Bereich der Bildungsförderung - von sachfremden
Aspekten geleiteten Gesetzgebungsverfahrens Einiges. Und: Alt
ignoriert vollkommen, wie fehlerhaft seine Behörde schon unter
normalen Bedingungen arbeitet.
Wer einmal mit Hartz-IV-Bescheiden zu tun hatte, weiß, wie
fehlerhaft viele ergehen. 2009 mussten die Arbeitsagenturen knapp
280000 Bescheide korrigieren. Das sind mehr als 30 Prozent. Dabei
ist die Dunkelziffer hoch. Denn werden die Bescheide nicht innerhalb
der vorgeschriebenen Frist angegriffen, werden sie rechtskräftig.
Dann gilt, was die Behörde darin festgeschrieben hat - selbst wenn es
falsch ist.
Das weiß auch BA-Vorstand Alt. Wenn er nun trotzdem fordert, auf
Widersprüche zu verzichten, bringt er viele Menschen bewusst um ihr
Recht. Das ist entweder unverschämt oder die undurchdachte
Schockreaktion auf einen anrollenden Hartz-IV-Tsunami.
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