(ots) - Von Alexander Marinos
Noch nie hat ein deutscher Minister seine Ehefrau mit ins
afghanische Einsatzgebiet der Bundeswehr genommen - aus gutem Grund.
Der Hindukusch eignet sich nicht für Familienausflüge. Dass Karl
Theodor zu Guttenberg meint, er könne es sich erlauben, hier neue
Maßstäbe zu setzen, spricht schon an sich für eine gewisse
Abgehobenheit. Der Vorgang wird umso erstaunlicher, als Stephanie zu
Guttenberg medial kein unbeschriebenes Blatt ist. Nach ihren
umstrittenen Fernsehauftritten in der RTL-2-Sendung "Tatort Internet"
und bei Günther Jauchs "Wer wird Millionär?" hätte man dem Minister
gerne geraten, zumindest an dieser Front für etwas mehr Ruhe zu
sorgen. Geradezu beschämend ist allerdings, dass die Guttenbergs
gleich auch noch den Schmuse-Journalisten Johannes B. Kerner samt
Studio ins Schlepptau nehmen, damit der seine durchaus verzichtbare
Talk-Show unter dem Schutzschirm deutscher Waffen in Afghanistan
aufzeichnen kann. Star des Abend: natürlich der
Verteidigungsminister. Mag sein, dass die Bundeswehrsoldaten den
Auftritt gut finden, vielleicht sogar begeistert sind. Das schicke
Minister-Ehepaar stellt sicher eine willkommene Abwechslung im
wüstengrauen Alltag dar. Auch in Deutschland werden eingefleischte
Guttenberg-Fans Applaus spenden. Und ja: Der Mann macht bei solchen
Gelegenheiten stets "bella figura". Nicht jeder findet es offenbar
unpassend, wenn ausgerechnet dort schöne Bilder produziert werden, wo
nur wenige Kilometer entfernt Menschen einer Mischung aus Krieg und
Terror zum Opfer fallen. Innenpolitisch ist die Reise aus mehreren
Gründen ein Desaster für Guttenberg. In der Union wird das Grummeln
über seine Alleingänge und Inszenierungen immer lauter. Wer eines
Tages Kanzler werden will, benötigt nicht nur gute Umfragewerte. Viel
wichtiger ist die Unterstützung aus den eigenen Reihen. CSU-Chef
Horst Seehofer, der sich schon lange darüber ärgert, dass Guttenberg
ihm die Schau stiehlt, dürfte mit klammheimlicher Freude beobachten,
wie sein innerparteilicher Widersacher überdreht. Mit abnehmender
Seriosität des Verteidigungsministers wird der Rückhalt des
Parlaments für den Afghanistan-Einsatz nicht gerade größer. In
wenigen Wochen soll der Bundestag über die Mandatsverlängerung
entscheiden. Bislang drückt sich die Bundesregierung davor, die
Abzugsperspektive zeitlich zu konkretisieren. Nicht nur in der SPD
wächst daher der Widerstand. Viele Probleme sind ungelöst: Die
Korruption in Afghanistan blüht; die zivile Hilfe ist ausbaufähig;
die Nachbarstaaten sind nicht ausreichend eingebunden und kochen
stattdessen ihr eigenes Süppchen. Es gäbe Sinnvolleres zu tun als
sich auf eingeflogene Talkshow-Sofas zu setzen. Wird der Überflieger
Guttenberg deshalb nun politisch abstürzen? Sicher nicht. Aber sein
Sinkflug hat schon begonnen.
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