(ots) - Was die Brandenburger Sozialdemokraten derzeit dem
staunenden Publikum bieten, hat zwar einen gewissen
Unterhaltungswert, gibt aber auch Anlass zu tieferer Besorgnis.
Endlich hat Matthias Platzeck die Notbremse gezogen und ein Ende der
politischen Ambitionen seines Freundes Rainer Speer verkündet. Das
war überfällig und im Wesentlichen hat Platzeck die Begründung
gefunden, die dafür notwendig ist. Auf den richtigen, einsamen
Schritt ihres Spitzenmanns reagiert jetzt nicht nur Speer mit
erstaunlicher Bockigkeit. Auch eine Landtagsfraktion, die sich selbst
nicht dazu aufraffen konnte, Konsequenzen einzufordern, irrt
beleidigt durch die Gänge und zeigt sich irritiert. Dabei war klar,
dass der Ex-Minister mit der Liste offener Fragen rund um sein
seltsames Verständnis von persönlicher Verantwortung nicht mehr zu
halten ist. Denn die Affäre Speer offenbarte, wie viel an
Bodenhaftung verloren gegangen ist. Warum muss man so lange über
einen Kerl nachdenken, der einer Frau ab und zu mal ein paar Euro
zusteckt, wenn die behauptet, er sei Vater ihres Kindes? Warum läuft
so überhaupt nichts, wenn der Ministerpräsident im Urlaub nachdenkt?
Die SPD muss sich jetzt also einer Vielzahl von Fragen stellen. Sie
muss einen Weg finden, das Kapitel Speer glaubwürdig hinter sich zu
lassen. Zunächst, indem sie endlich mithilft bei der Aufklärung der
Sachverhalte, mit denen der Mann befasst war. Aber darüber hinaus
geht es um Grundsätzliches bei der Entscheidungsfindung wie der
Auswahl des Führungspersonals. So, wie das Machtgefüge bisher
gestrickt war, so wie bislang wesentliche Beschlüsse in all zu
kleinen Zirkeln gefällt wurden, käme eine solche Debatte einem
wirklichen Neuanfang gleich. Ob und wie Matthias Platzeck dabei
hilfreich ist, wird sich zeigen. Er hat zwar erneut unter Beweis
gestellt, dass er noch am ehesten das Gespür für das Notwendige
besitzt. Aber er hat mit diesem Schritt auch ein Urteil gefällt, das
für jeden demokratisch legitimierten Politiker gilt. Keiner ist
unersetzlich, so die Botschaft Platzecks an seinen Freund Speer. Eine
Botschaft, die auch auf den Absender zutrifft und die gepaart ist mit
der Feststellung, dass keiner aus eigener Machtvollkommenheit zu
bestimmen hat. Ob Platzeck dies wirklich verstanden hat, muss
bezweifelt werden. In der eigenen Partei gibt es kaum einen, der ihm
dabei helfen könnte. Das jedenfalls haben die letzten Tage noch
einmal erschreckend verdeutlicht.
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