(ots) - Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt nach
Erkenntnissen des NDR Magazins "Menschen und Schlagzeilen" (Mittwoch,
1. Dezember, 21.00 Uhr, NDR Fernsehen) gegen einen Schlachtbetrieb,
an dem die Familie der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin
Astrid Grotelüschen unternehmerisch beteiligt ist. Die Sprecherin der
Staatsanwaltschaft, Frauke Wilken: "Es geht um den Verdacht der
Beihilfe zur illegalen Beschäftigung und zur illegalen
Arbeitnehmerüberlassung in einem Schlachtbetrieb in Wildeshausen."
Nach Recherchen von "Menschen und Schlagzeilen" handelt es sich bei
dem Betrieb um die Geestland Putenspezialitäten GmbH und Co. KG in
Wildeshausen. Bereits im August durchsuchten die Ermittlungsbehörden
den Schlachthof nach NDR Informationen. Der Familienbetrieb von
Ministerin Astrid Grotelüschen ist an dem Schlachthof als
Gesellschafter und Kommanditist beteiligt. Die Kommanditisten-Einlage
beträgt rund zwei Millionen Euro.
"Familie Grotelüschen profitiert von den Gewinnen, die bei
Geestland gemacht werden," sagt Arbeitsrechtler Frank Lorenz, dem die
Recherche-Ergebnisse vorliegen, zu "Menschen und Schlagzeilen". "Und
auch von Gewinnen, die möglicherweise durch illegale
Arbeitnehmerüberlassung und durch Lohndumping zu Lasten
osteuropäischer Beschäftigter gemacht werden." In der
Putenschlachterei sind unter anderem bulgarische Arbeiter aus einem
bulgarischen Sub-Unternehmen beschäftigt. Nach Auskunft von Geestland
sind diese mit Hilfe eines Werkvertrages in Wildeshausen tätig.
Nach geltendem Recht dürfen Arbeitnehmer aus den neuen EU-Ländern
über Werkverträge in deutsche Unternehmen entsandt werden, um dort
eigenständig ein Gewerk des Betriebs zu erfüllen - zu bulgarischen
Bedingungen und Löhnen. Illegal ist jedoch, wenn diese Arbeiter
darüber hinaus in den Betrieb eingegliedert werden, in dem sie
beispielsweise den gleichen Tätigkeiten nachgehen wie die deutschen
Angestellten. "Wenn reguläre Stammbeschäftigte und diese sogenannten
Werkvertragsarbeiter zusammenarbeiten, am selben Arbeitsergebnis
arbeiten, dieselben Aufgaben durchführen, dann sind das ganz starke
Hinweise dafür, dass wir eine Eingliederung in den Betrieb haben,
dann haben wir an der Stelle auch eine illegale
Arbeitnehmerüberlassung", so Arbeitsrechtler Lorenz.
Nach den Recherchen des NDR haben im Betrieb von Geestland
Deutsche, Russen, Polen und Bulgaren nebeneinander gearbeitet. "Wir
haben alle dasselbe gearbeitet", so bulgarische Arbeiter gegenüber
"Menschen und Schlagzeilen". Die Bulgaren verdienten dabei einen
Bruchteil des Lohnes ihrer deutschen Kollegen. Man zahle ihnen einen
Stundenlohn von vier bis fünf Euro. Oft arbeiteten sie bis zu 16
Stunden am Tag: "Man fühlt sich nicht als Mensch. Wir werden wie
Roboter behandelt." Der Familienbetrieb der niedersächsischen
Ministerin, die Mastputen-Brüterei Ahlhorn GmbH & Co. KG, ist mit
fast 14 Prozent an der Putenschlachterei Geestland beteiligt.
Geschäftsführer ist Garlich Grotelüschen, der Ehemann der Ministerin.
Vor ihrer Berufung zur Ministerin war Astrid Grotelüschen
Prokuristin bei der Mastputen-Brüterei. Noch immer arbeitet sie als
Beraterin für das Unternehmen. Die Agrarministerin wollte sich
gegenüber "Menschen und Schlagzeilen" auf Anfrage zu den Ermittlungen
und zur Familienbeteiligung nicht äußern.
Die Geestland Putenspezialitäten GmbH hingegen bestätigte dem NDR
die Durchsuchung in ihrem Betrieb. Eine Stellungnahme der
Ermittlungsbehörden gegenüber der Firma stehe aber noch aus. Das
Unternehmen gibt an, die Bulgaren verdienten zwischen vier und fünf
Euro netto. Dem Unternehmen lägen keine Informationen vor, wonach
Arbeitszeiten überschritten worden wären. Eine Vermischung von
Arbeitskräften habe es nach ihren Erkenntnissen nicht gegeben.
Zitate frei zur Veröffentlichung unter Nennung der Quelle
"Menschen und Schlagzeilen" im NDR Fernsehen.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die NDR Redaktion
"Menschen und Schlagzeilen", Sven Lohmann, Tel.: 040/4156-4785.
Informationen zur Sendung finden Sie auch unter
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1. Dezember 2010/RC
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