(ots) - Schon nächste Woche, bei den Castor-Transporten im
Wendland, wird man sehen, dass der Protest nach den gestrigen 
Energiebeschlüssen ein anderer ist, als in den Jahren seit dem 
vereinbarten Atomausstieg. Schärfer, verbitterter, sicher auch 
rücksichtsloser. Ihr haltet Verträge nicht ein, wir unsere 
Zurückhaltung dann auch nicht mehr, so wird die Losung sein. Mit den 
Atomkraftwerken bekommt auch der gesellschaftliche Konflikt eine 
Laufzeitverlängerung. Nur: Wie scharf wird er diesmal werden? Die 
Opposition träumt zwar schon von einem bundesweiten "Stuttgart 21", 
aber dies ist kein sichtbares Großprojekt, für das Bäume fallen. Die 
Koalition will keine neuen Atomkraftwerke bauen oder gar eine 
Wiederaufbereitungsanlage errichten. Sondern die alten Meiler länger 
laufen lassen. Auch ihr Gesetz ist ein Atomausstiegsgesetz, aber mit 
Enddatum 2036 statt 2022. Es ist fraglich, ob eine solche 
Kursänderung ausreichen wird, um eine außerparlamentarische Bewegung 
zu befeuern, die so breit ist, dass sie SPD und Grüne praktisch von 
allein wieder ins Amt tragen könnte. Denn das ist, bei aller echten 
Empörung, ja auch ein Motiv für die Schärfe der Attacken, die die 
Opposition derzeit vorträgt. Vielleicht gibt es genauso viele Bürger,
die der Regierung halbwegs stabile Strompreise danken werden, oder 
denen schlichtweg egal ist, was in den Kernkraftwerken passiert - 
solange sie nur nicht explodieren. Nur im Wendland ist das anders. 
Hier leben wirklich Betroffene, die nicht der Atommüllabladeplatz der
Nation werden wollen. So wie die Bayern und Baden-Württemberger 
übrigens ganz selbstverständlich auch nicht. Ob ein Kraftwerk dreißig
oder vierzig Jahre Strom produziert, ist vergleichsweise sekundär. 
Aber etwas zu hinterlassen, das niemand haben will, schon gar nicht 
bei sich selbst, und für das niemand über Hunderttausende von Jahren 
Verantwortung übernehmen kann, das ist unmoralisch. Die ungelöste 
Endlagerfrage war und ist der große Geburtsfehler der Atomkraft, die 
zu dem Schluss hätte führen müssen, dass man damit gar nicht erst 
beginnt. Sie ist noch zentraler als die Frage der Beherrschbarkeit 
der Technologie, die auch in anderen Fällen, etwa in der Chemie, 
damit beantwortet wird, dass ein Restrisiko bleibt. Und diese Unmoral
wird ausgerechnet von einer christdemokratisch geführten Regierung 
nun um 14 Jahre verlängert, mit Erfolg wahrscheinlich, weil ja "bloß"
die Gorlebener direkt betroffen sind. Das nennt man Zynismus.
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