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Landeszeitung Lüneburg: Fragen und Stellungnahmen von Landgericht und Staatsanwaltschaft Hannover zu den Vorwürfen der Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung.

ID: 259326

(ots) - lz Lüneburg. Die LZ übersandte sowohl der
Staatsanwaltschaft Hannover als auch dem Landgericht Hannover
folgenden, jeweils gleichlautenden Fragenkatalog zur Stellungnahme.
So sollten beide Behörden die Gelegenheit erhalten, auf gegen sie
gerichtete Vorhalte zu reagieren. Beide Stellungnahmen haben wir im
Wortlaut auf den Seiten 10 und 11 abgedruckt. Nachfolgend unser
Fragenkatalog, der beiden zur Bearbeitung vorlag:

1.) Wie bewerten Sie den Fall Witte/Wulfhorst, bei dem mit Blick
auf die Staatsanwaltschaft Hannover und das Landgericht Hannover von
dem "größten Justizirrtum" der vergangenen Jahre in Niedersachsen die
Rede ist?

2.) Wie ist es aus Ihrer Sicht zu bewerten, dass der damals
zuständige Staatsanwalt die Aussage des vermeintlichen Opfers,
Jennifer W., vom 15. September 2004, verschwiegen hat? Warum hat die
Staatsanwaltschaft sich so verhalten?

3.) Welche Bedeutung hätte die Aussage bei der beantragten
Revision vor dem BGH gehabt?

4.) Hat sich die Staatsanwaltschaft durch Verschweigen der
genannten Aussage der Rechtsbeugung und der schweren
Freiheitsberaubung im Fall Witte/Wulfhorst schuldig gemacht?

5.) Warum hat die Staatsanwaltschaft Hannover die Aussage der
Zeugin Jennifer W., vom 15. September 2004, erst im Januar 2008
aufgedeckt?

6.) Zu welchen Ermittlungsergebnissen kam die Staatsanwaltschaft
Hannover, als sie den Hinweisen der Zeugin Jennifer W. zu einem
angeblichen Vergewaltigungsring in Hannover nachgegangen war?

7.) Als wie verlässlich haben Staatsanwaltschaft und Landgericht
seinerzeit und heute die Aussagen der Zeugin bewertet?

8.) Trifft es zu, dass der heutige Vorsitzende des 2. Strafsenates
des Oberlandesgerichtes in Celle, früher stellvertretender
Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Hannover war? Wäre er durch




seine frühere Tätigkeit im Falle eines
Ermittlungserzwingungsverfahrens gegen die Staatsanwaltschaft
Hannover befangen?

9.) Warum haben Staatsanwaltschaft und Landgericht Hannover nicht
eine weitergehende psychologische Begutachtung der Zeugin Jennifer W.
veranlasst?

10.) Warum wurde das Urteil des Landgerichtes Hannover mit O-Tönen
der weinenden Zeugin verfasst?

11.) Hat das Landgericht Hannover mit denen im Fall
Witte/Wulfhorst hinzugezogenen psychiatrischen Sachverständigen auch
in anderen Missbrauchsverfahren zusammengearbeitet?

12.) Wurden bereits andere Urteile des Landgerichtes Hannover in
Missbrauchsprozessen aufgehoben?

13.) Welche Konsequenzen ziehen Staatsanwaltschaft und Landgericht
Hannover aus dem Entschluss des Lüneburger Landgerichtes in dem Fall?

lz Lüneburg/Hannover. Für das Landgericht Hannover bezieht nach
dem Urteil des Landgerichtes Lüneburg Pressesprecher Dr. Matthias
Kannengießer auf LZ-Anfrage Stellung:

"In dem Missbrauchsprozess vor dem Landgericht Hannover haben die
Richter an 42 Verhandlungstagen sorgfältig alle damals bekannten
Tatsachen geprüft. Sie haben ausführlich die Zeugin J. und mehrere
Sachverständige angehört. Im Ergebnis waren die Richter damals davon
überzeugt, dass die Zeugin J. die Wahrheit sagte und dass die
Angeklagten schuldig waren. Der Bundesgerichtshof hat diese
Verurteilung überprüft und im Wesentlichen bestätigt. Erst nach dem
Ende des Prozesses vor dem Landgericht Hannover wurden neue
entlastende Tatsachen bekannt und im Wiederaufnahmeverfahren vor dem
Landgericht Lüneburg geprüft. Diese neuen Tatsachen kannten die
Richter des Landgerichts Hannover damals nicht und konnten sie
deshalb in ihrem Urteil auch nicht berücksichtigen. Wenn die
damaligen Gutachten aus heutiger Sicht möglicherweise z.T. mangelhaft
erscheinen, war dies für die Richter damals nicht erkennbar. Eine
Kritik an den Richtern des Landgerichts Hannover geht daher fehl,
denn heute sind mehr Tatsachen bekannt als damals. Zu Ihren sonstigen
Fragen kann von hier keine weitere Stellungnahme erfolgen, weil sich
die Fragen entweder ausschließlich (Fragen Nr. 2, 4, 5 und 6) oder
teilweise (Fragen Nr. 7, 9 und 13) an die Staatsanwaltschaften
richten, sich auf eine subjektive Bewertung von Einschätzungen
beziehen (Frage Nr. 1), Mutma"ßungen über Verfahren beim
Bundesgerichtshof anstellen (Frage Nr. 3) oder die
Staatsanwaltschaften und das Oberlandesgericht Celle betreffen (Frage
Nr. 8). Auskünfte über das damalige Revisionsverfahren beim
Bundesgerichtshof (BGH), in dem das Urteil des Landgerichts Hannover
im Wesentlichen bestätigt worden ist, bitte ich bei der Pressestelle
des BGH einzuholen. Andere Wiederaufnahmeprozesse oder
Missbrauchsprozesse vor dem Landgericht Hannover mit gleichgelagerten
Sachverhalten sind hier nicht bekannt."

lz Hannover. Kathrin Söfker, Pressesprecherin der
Staatsanwaltschaft Hannover, nimmt zu dem Fall Witte/Wulfhorst
Stellung:

"Das Landgericht Hannover hat Ralf W. und Karl-Heinz W. am 7. Mai
2004 nach ca. einjähriger Hauptverhandlung aufgrund der Aussage der
Zeugin Jennifer W. verurteilt. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch
das Gericht haben die Aussage für glaubhaft und die Zeugin für
glaubwürdig erachtet und sich bei ihrer Bewertung neben dem
persönlichen Eindruck, den die Prozessbeteiligten von der Zeugin
gewonnen hatten, auf drei unabhängige Sachverständigengutachten
gestützt. Der BGH hat die Revision der Angeklagten später als
unbegründet verworfen. Nach der Urteilsverkündung ist die Zeugin
während des laufenden Revisionsverfahrens an die Staatsanwaltschaft
Hannover herangetreten und hat am 15. September 2004 zu weiteren
Straftaten, insbesondere einem Kinderpornoring, Hinweise gegeben,
worauf ein weiteres Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Das
Verfahren ist verdeckt geführt worden, um den Untersuchungszweck
nicht zu gefährden. Ein hinreichender Tatverdacht hat sich in dem
Verfahren letztlich nicht begründen lassen. Von der Einleitung des
Verfahrens wurden Dritte, insbesondere der BGH, nicht in Kenntnis
gesetzt. Die Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren wären im
Revisionsverfahren vor dem BGH als neuer Tatsachenvortrag ohne
Bedeutung gewesen und vom Revisionsgericht nicht berücksichtigt
worden. Aus den vorgenannten Gründen waren sie zudem verdeckt zu
führen. Soweit die Verteidigung des Ralf W. später aufgrund neuer
Tatsachen ein Wiederaufnahmeverfahren erstrebt hat, war dem
selbstverständlich nachzugehen. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb
von Amts wegen auch ein Wiederaufnahmeverfahren für Karl-Heinz W.
eingeleitet. Im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens, in dem die
Zeugin nunmehr von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte,
wurden die Angeklagten freigesprochen. Das schriftliche Urteil liegt
noch nicht vor. Ein Kommentar zu den Urteilsgründen ist mir deshalb
nicht möglich. Der Vorwurf der Rechtsbeugung ist nach hiesiger
Kenntnis durch die Staatsanwaltschaft Lüneburg geprüft worden. Soweit
Ihre Fragen Bewertungen bzw. die Zuständigkeit anderer Behörden oder
Gerichte betreffen, vermag ich dazu jedoch keine Stellungnahme
abzugeben." Die LZ fragte bei der Staatsanwaltschaft Lüneburg nach,
zu welchem Ergebnis sie im Verfahren gegen den damals zuständigen
Staatsanwalt in Hannover gekommen ist. Gerhard Berger, Leitender
Oberstaatsanwalt, sagte: "Das Verfahren wurde eingestellt. Die
Beschwerde des Klägers dagegen wurde von der
Generalstaatsanwaltschaft Celle verworfen, weil kein strafbares
Verhalten vorhanden war."



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Landeszeitung Lüneburg
Werner Kolbe
Telefon: +49 (04131) 740-282
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Datum: 16.09.2010 - 20:48 Uhr
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