(ots) - Horst Köhler hat die Akteure der Finanzkrise 
gebrandmarkt, Christian Wulff befand, der Islam gehöre zu 
Deutschland. Joachim Gauck mahnte, angesichts der Flüchtlingswelle 
seien die Herzen weit, doch die Möglichkeiten endlich. Und 
Frank-Walter Steinmeier? Seine erste große Bewährungsprobe im neuen 
Amt hat er bestanden. Mit Bravour. Als Steinmeier im Februar zum 
Bundespräsidenten gewählt wurde, mag er noch nicht gänzlich geahnt 
haben, welche große Herausforderung seine Amtszeit wohl prägen würde.
Sie steht nun fest. 27 Jahre ist die Deutsche Einheit jetzt 
vollzogen, die Zeit hat sicherlich einige alte Wunden geheilt, aber 
viele neue aufgerissen. Wut, Enttäuschung und Verdrossenheit haben 
sich in den vergangenen Wochen bei manchen Bürgern entladen. Oft 
bewusst angeheizt, um daraus politischen Erfolg zu erzielen. Das 
Ergebnis der Bundestagswahl spiegelt das wider. Ein Bundespräsident 
muss also in so einer Gemengelage zwei Dinge leisten: Er muss warnen 
und antreiben. Warnen, in dem er die entlarvt, die das Land spalten 
und aufwiegeln. Und antreiben muss er jene, die gegensteuern können, 
denen die Demokratie am Herzen liegt. Das hat Steinmeier mit seiner 
sehr entschlossenen Rede getan. Tiefenpsychologisch ist reichlich 
analysiert worden, was vor allem die Bürger im Osten antreibt, wo die
Gründe für ihre Ängste und Sorgen zu suchen sind, was gebrochene 
Lebensbiografien mit Menschen machen können - und das vielleicht aus 
Mutlosigkeit zu lange geschwiegen und vieles erduldet wurde. Neue 
Mauern sind entstanden, wie Steinmeier passend formuliert hat. Die 
Zeit der Analyse ist aber mit dem Einzug der AfD ins Parlament 
weitgehend vorbei. Jetzt gilt es, darauf zu reagieren mit einer 
Politik, "die die offenen Fragen nicht wegmoderiert", so der 
Bundespräsident. Treffer! Das ist eine eindeutige Aufforderung an 
alle im Berliner Raumschiff, die Alltagsprobleme der Menschen endlich
verstärkt anzugehen. Darum geht es. Denn sie sind es, die zu 
Verzweiflung und Unmut Anlass geben. Und meist ist es nicht der Blick
aufs große Ganze, den die Politik viel lieber betreibt. In der Tat 
wird nur dann der Satz: "Ich versteh mein Land nicht mehr", wieder 
aus dem Sprachgebrauch vieler Menschen verschwinden. Recht hat 
Steinmeier auch darin, dass Heimat in die Zukunft weist und nicht in 
die Vergangenheit. Heimat darf man wahrlich nicht den Nationalisten 
überlassen. Wozu das Gegenteil führt, belegt die deutsche Geschichte.
Es gab in den vergangenen Wochen Stimmen, die die Stille im Schloss 
Bellevue beklagt haben, die danach fragten, wo Steinmeier sei. Es 
stimmt, vom neuen Bundespräsidenten war zu den unsäglichen 
Begleiterscheinungen des Wahlkampfs kaum etwas zu hören. Damit wollte
er offenkundig dem Verdacht der Einmischung entgehen. Die Zeit ist 
nun vorbei. Die Wahl ist gelaufen, das Ergebnis liegt vor. Es ist 
auch für den Bundespräsidenten Chance und Herausforderung zugleich. 
Dass er beides meistern kann, hat er gezeigt. Steinmeier ist 
angekommen in Schloss Bellevue.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
 
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik(at)lr-online.de
Original-Content von: Lausitzer Rundschau, übermittelt durch news aktuell