(ots) - Wofür steht dieser Bundespräsident überhaupt? Fast 
zwei Jahre ist Joachim Gauck im Amt - doch abgesehen von seiner viel 
beachteten Absage für die Olympischen Putin-Festspiele in Sotschi und
seinem - aus seiner DDR-Biografie herrührenden - Kernthema "Freiheit"
war vom elften Präsidenten der Bundesrepublik bisher ernüchternd 
wenig zu hören. Bis gestern. Gaucks Rede vor der Münchner 
Sicherheitskonferenz war die bislang wichtigste seiner Amtszeit. Sie 
könnte Eingang finden in die nationale Kollektiv-Erinnerung - ähnlich
wie 1997 die "Ruck-Rede" von Roman Herzog. Und in der Tat: Was das 
aktuelle Staatsoberhaupt gestern gefordert hat, ist ein Ruck in der 
deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Zwar haben Außenminister 
Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der 
Leyen bereits in den vergangenen Tagen ein stärkeres internationales 
Engagement Deutschlands angeregt. Doch an Joachim Gauck war es nun, 
diesen Vorschlag vor der Weltöffentlichkeit völkerrechtlich 
einzuordnen: Die vom früheren Außenminister Guido Westerwelle bis 
zuletzt vehement verteidigte Linie der demonstrativen deutschen 
Zurückhaltung soll beileibe nicht einer nationalen Kraftmeierei 
weichen - sondern im Rahmen seiner Bündnisse soll das eklatante 
Missverhältnis zwischen wirtschaftlicher Stärke und außenpolitischer 
Schwäche von Europas bevölkerungsreichstem Staat endlich korrigiert 
werden. Gauck hätte es auch anders ausdrücken können: Wer global 
nicht zum Nebendarsteller werden will, muss bereit sein, 
international Verantwortung zu übernehmen. Mit dieser Kernaussage ist
er inhaltlich übrigens gar nicht so weit entfernt von seinem 
zurückgetretenen Vor-Vorgänger Horst Köhler - mit zwei Unterschieden:
Köhler hat vor dreieinhalb Jahren eher nebenbei und damit recht 
ungeschickt von der Wahrung deutscher Interessen durch 
Bundeswehr-Auslandseinsätze gesprochen. Gaucks Rede hingegen war wohl
gesetzt. Angesichts der außenpolitisch schwächer werdenden USA war 
sie auch überfällig - um mit dem deutschen Gewicht den 
Bedeutungsverlust des Westens gegenüber China und Russland zu 
bremsen.
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