(ots) - Philipp Rösler hat sie gern erzählt, die Geschichte
mit dem Frosch. Wirft man den Frosch in heißes Wasser, springt er
raus. Wirft man ihn dagegen in kaltes Wasser und dreht die Temperatur
langsam höher, dann merkt der Frosch zunächst nichts. Und wenn er
etwas merkt, ist es zu spät. Rösler hat diese Geschichte im Mai 2011
erzählt, als er zum Parteichef einer am Boden liegenden FDP gewählt
wurde; damals, um zu illustrieren, wie das so ist mit dem
schleichenden Verlust von Freiheitsrechten. Heute liegt die FDP noch
immer am Boden. Und Rösler hat das Schicksal des Frosches ereilt.
Seine Parteifreunde erhöhen die Temperatur. Langsam, aber stetig. Der
Unterschied: Rösler merkt genau, was geschieht. Es quält ihn. Er
strampelt sich verzweifelt ab. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen
entscheidet sich sein politisches Schicksal. Jetzt versucht er es mit
dem Griff in die liberale Mottenkiste. Privatisierungen! Weniger
Staat! Kein Mindestlohn! Flexibilisierung des Arbeitsmarktes!
Natürlich fallen diese Forderungen aus der Zeit. Die Bürger wissen
aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre: Der Markt allein kann
es nicht richten, weil er nicht dem Allgemeinwohl verpflichtet ist.
Der Staat darf sich nicht zu Tode verschlanken, sondern muss die
Daseinsfürsorge garantieren. Die Bürger wissen auch: Eine weitere
Verwässerung von Arbeitnehmerrechten und die Ausweitung von
Niedriglohnjobs wird zu einer Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und
Reich führen. Aber Rösler will auch gar nicht mehr Politik für die
Mehrheit machen, Antworten liefern für "die Lebenswirklichkeit und
Alltagssorgen der ganz normalen Menschen", wie er es bei seiner
Antrittsrede im Mai 2011 verkündet hatte. Die parteiintern und auch
von ihm so heftig kritisierte thematische Verengung ist jetzt bei ihm
- aus der Not geboren - wieder Programm. Er will zumindest das
Kernklientel der Liberalen mobilisieren, Unternehmer, Selbstständige,
Besserverdienende. Das Problem: Ein Gutteil dieses Klientels wählt
jetzt die Grünen. Das garantiert Besitzstandswahrung und ein ruhiges
Gewissen, eine Kombination, die die FDP einfach nicht bieten kann;
zumal die Liberalen sich von der Ökopartei auch ihr einstiges Leib-
und Magenthema, die Bürgerrechte, haben wegnehmen lassen. Und, ganz
nebenbei: Die Grünen kämen wohl nie auf die Idee, Frösche zu Tode zu
sieden.
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