(ots) - Von Christine Strasser
Ein Mädchen wurde getötet. Ihr Mörder soll bestraft werden. So
schnell wie möglich. Dem stimmt jeder zu. Jeder fühlt so. Nur Gefühle
haben bei der Ermittlung eines Verbrechers nichts zu suchen. Dorthin
gehören Vernunft und Logik. Das zeigt der Fall in Emden. Und er
zeigt, dass die Unschuldsvermutung unverzichtbar ist. Die Polizei war
im Recht. Die Menge vor dem Emder Polizeihaus, die zur Lynchjustiz
aufrief, im Unrecht. Die Polizei hat einen Fehler gemacht. Doch die
Schuld trifft sie nicht. Schuldhaft gehandelt haben alle, die im
Internet den Namen des Verdächtigen verbreitet haben. Sie müssen
bestraft werden. Der falsche Mann saß in Untersuchungshaft. Am
Freitag wurde er entlassen, weil "Fakten eine Täterschaft des Jungen
ausschließen". Anders gesagt: Die Behörden wissen nicht, wer die
elfjährige Lena umgebracht hat. Sie wissen nur, wer sie nicht getötet
hat. Ob jemand schuldig ist oder nicht, lässt sich oft nur in einem
langenVerfahren herausfinden. Deshalb sprach die Polizei nur von
einem Verdächtigen. Deshalb wird die Strafjustiz von der
Unschuldsvermutung dominiert. Das Grundgesetz fordert das ein. Jeder
Mensch gilt so lange als unschuldig bis ihn ein Gericht rechtskräftig
verurteilt hat. Aus der Sicht des Opfers ist das schwer erträglich.
Trotzdem: Dieser ganz alte rechtsstaatliche Grundsatz ist eine
unabdingbare Voraussetzung. Sonst hängt man den Falschen und den
wahren Täter lässt man laufen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de