(ots) - Der fünfte Jahrestag von Hurrikan Katrina reißt
alte Wunden auf. Der Naturkatastrophe folgte ein politisches,
soziales und bürokratisches Desaster. Als New Orleans von Gewalt,
Rechtlosigkeit, Chaos und Hilflosigkeit überflutet wurde, zeigte
Amerika sein hässliches Gesicht. Die stolze Wirtschafts- und
Militärmacht wirkte wochenlang wie gelähmt. Nun wäre es unfair, die
bisherige Aufbauarbeit zu verschweigen oder die finanziellen und
menschlichen Anstrengungen zu schmälern, die bis heute geholfen
haben. Das Touristenviertel blüht auf, viele Flüchtlinge sind zurück,
Deiche wurden erneuert, und die Stadt hat 15 Milliarden Dollar
Aufbauhilfe erhalten. Dennoch bleibt ein ganz bitterer Nachgeschmack:
Der Rassismus, der versteckte Klassenkampf und politische Zynismus,
der sich während der Katrina-Krise offenbarte, sorgt bis heute für
scharfe innenpolitische Debatten. Amerikas Präsident hat es nicht
leicht: Er will sich verstärkt für die Armen und Schwarzen einsetzen,
doch seine Gesundheitsreform ist unbeliebt, die Konjunkturprogramme
schaffen nur wenige Arbeitsplätze, und seine Reaktion auf die
BP-Ölpest gilt als halbherzig. Obama trägt zwar an Katrina und der
Ölpest keine Schuld, dennoch muss er die politischen Folgen dieser
Desaster tragen. Das mag ungerecht und eine Ironie der Geschichte
sein, ist aber im Kontext politischer Machtkämpfe konsequent. »Obamas
Katrina« - so heißt inzwischen die Ölpest im Golf von Mexiko in
Anspielung auf die politische Untätigkeit der Bush-Regierung nach dem
Hurrikan. Obama habe zu spät, zu nachlässig und sprunghaft auf die
Öl-Katastrophe reagiert. Obendrein warf ihm ein Kolumnist vor, das
BP-Desaster nicht für eine schärfere Kurswende in der Energie- und
Umweltpolitik genutzt zu haben: Die Ölpest sei nicht nur »Obamas
Katrina«, sie sei ein umweltpolitischer 11. September, der Amerika
wachrütteln und eine Art »Krieg« gegen Umweltverschmutzung und
Erdölverschwendung auslösen müsse. Obamas Umfragewerte fallen. Schuld
sind die hohe Arbeitslosigkeit, das geringe Wirtschaftswachstum, der
Afghanistan-Krieg und auch die BP-Ölpest, die schlimme Erinnerungen
an Katrina hervorruft. Selbst sein Versuch, die Touristen durch ein
Bad im Golf von Mexiko anzulocken, wird in Washington beargwöhnt:
Kritiker fürchten, die Regierung wolle die Schäden der BP-Katastrophe
beschönigen, um die Wähler für die Zwischenwahl zu beruhigen. Obama
sprach gestern zum fünften Jahrestag von Katrina in New Orleans. Im
November stehen Wahlen vor der Tür, die Demokraten sind unter Druck,
und Obama braucht Erfolge. Die Hurrikan-Katastrophe kann jedoch die
Umfragewerte des Präsidenten nicht verbessern. Katrina ist und bleibt
eine Schande.
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