(ots) - Eines muss man den Linken lassen: Wenn sie
diskutieren, dann ohne Ansehen der Parteizugehörigkeit. Nun also
haben wir den Linken und ihren Vormann Klaus Ernst die hübsche
Debatte zu verdanken: Wie reich darf eigentlich ein Linker sein?
Solche Gehaltsfragen sind beliebt in Deutschland, bisher
allerdings wurden sie meist mit Blick auf Manager gestellt. Neu ist
es, das monatliche Salär mit der politischen Einstellung zu
verbinden. Als ob Linkssein eine Verdienstkategorie wäre. Was wohl
Bert Brecht zu solch' kleingeistiger Neiderei sagen würde, jener
Brecht, der viel Geld auf Züricher Konten hatte? Und was
Multimillionäre wie der Hamburger Reeder Peter Krämer oder
Drogerieketten-Besitzer Dirk Rossmann, die sich für eine höhere
Besteuerung der Reichen einsetzen?
Klaus Ernst ist jetzt in der nicht alltäglichen Lage eines
Linken-Funktionärs, in Verteidigungsreden ebenso wie mancher Manager
vor ihm auf den Spitzensteuersatz zu verweisen, den er schließlich
zahle - und natürlich erhöht wissen will. Die Debatte sagt mithin
zweierlei aus: Ernst ist in seiner Position höchst umstritten und
wird aus der eigenen Kaserne heraus beschossen. Zweitens wirft sie
ein Schlaglicht auf die Ewiggestrigen seiner Partei, die eine
Gleichmacherei auf niedrigerem Niveau als politisches Ziel verfolgen
- und das dreisterweise auch noch unter dem Mantel der
Gerechtigkeit.
Zu Recht wehren sich Sozialdemokraten, in eine derart
unappetitliche Suppe gerührt zu werden. Auch unter ihnen gibt es
reichlich Besserverdiener. Aber das hat nicht in erster Linie mit
Politik zu tun, in den meisten Fällen auch nichts mit
Glaubwürdigkeit. Im Gegenteil. Warum soll jemand, der sich als
Sozialdemokrat für Chancengleichheit einsetzt, späterhin nicht auch
die Früchte der Chancengleichheit in Form eines hohen Gehalts ernten?
Wer fleißig ist, sich hocharbeitet aus kleinen Verhältnissen, der
will das auch genießen. Neid und Missgunst sind Charakter-Fehler,
kein Konzept für Gerechtigkeit.
Die lässt sich jedenfalls nicht über brutal gekappte
Gehaltsauszüge herbeiführen. Der verstorbene US-Philosoph John Rawls,
geschätzt vor allem bei Sozialdemokraten, hielt ökonomische und
soziale Ungleichheit durchaus für gerecht - so lange sie den weniger
Begüterten den größten Nutzen bringt. Wer, wenn nicht die
Besserverdiener, soll denn den Wohlfahrtsstaat finanzieren?
Wir sollten die Partei-Politiker und Funktionäre an den Taten
messen, nicht am Weinkeller.
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