(ots) - Jörg Kachelmann wird den Prozesssaal als freier Mann
betreten. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte nicht über Schuld und
Unschuld des Fernsehmoderators zu befinden, sondern darüber, ob die
Untersuchungshaft angemessen ist.
Kachelmann ist zu Recht frei. Angesichts einer schil-lernden
Sachlage, mit Aussagen und Gutachten, die auch für seine Unschuld
sprechen, wäre es unverantwortbar gewesen, ihn festzuhalten. Aussage
steht gegen Aussage, und an der Glaubwürdigkeit der Frau, die ihn der
schweren Vergewaltigung bezichtigt, bestehen laut Gericht Zweifel.
Die Mannheimer Staatsanwälte müssen sich fragen lassen, mit welcher
Berechtigung sie Kachelmann über vier Monate festhielten. Gilt die
Unschuldsvermutung nicht mehr?
Sollte Kachelmann freigesprochen werden, wäre er juristisch
rehabilitiert. Doch andere Fälle zeigen, dass sich auch bei einer
Reinigung die Vorwurfsflecken kaum entfernen lassen. Es bleibt im-mer
etwas haften. Den Anteil der Medien, die sich in den Tagen nach der
Verhaftung mit küchenpsychologischen Interpretationen überboten, kann
man nicht unterschätzen. Fragezeichen ersetzten Fakten. Selbst
Kachelmanns Mimik schien plötzlich geeignet, ihn als Schurken
dastehen zu lassen, Freundlichkeit wurde zum Täuschungsmanöver
umgedeutet. Ob der Mann verurteilt wird oder nicht: Ein Journalismus
der Verdächtigungen hat ihn vermutlich schon jetzt erledigt.
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