(ots) - von Helmut Michelis
Zehntausende haben gestern zum 15. Jahrestag des Massakers der
Opfer von Srebrenica gedacht. Noch immer werden Massengräber
gefunden; das Leid der Hinterbliebenen ist kaum zu ermessen. Das Tier
im Menschen wütete im Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina - Srebrenica
steht als Mahnmal für zahllose Gräuel. So kann der Hass nur
eingefroren sein, Versöhnung über den Gräbern ist vermutlich erst
nach Generationen möglich. Scheinbare Kleinigkeiten können die alten
Konflikte wieder aufflammen lassen: Der Balkan bleibt ein Pulverfass.
Vor diesem Hintergrund kommt der Aufbau des kleinen Vielvölkerstaats
Bosnien nicht voran. Auch Serbien ist tief gespalten. Ein Teil der
Bevölkerung strebt ins vereinte Europa und will die Verbrechen von
damals aufarbeiten. Der andere Teil sieht sich weiter der unseligen
Tradition verpflichtet, das Schwert des Christentums gegen den Islam
zu sein. Darum tut sich Belgrad schwer, die Kriegsverbrecher an die
europäische Gerichtsbarkeit auszuliefern - auch der Schlächter Mladic
hat dort einflussreiche Freunde. Der Jahrestag des Massakers mahnt
daher Europa, sich nicht von seinem "Hinterhof" Balkan abzuwenden. Er
mahnt ebenso, religiöse oder ethnische Minderheiten im eigenen Land
nicht auszugrenzen.
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